Entscheidungsstichwort (Thema)
Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit. Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit. Beschluss des Rates. Wahl der Rechtsgrundlage
Normenkette
AEUV Art. 48, 79 Abs. 2 Buchst. b
Beteiligte
Vereinigtes Königreich Großbritannien und Nordirland |
Rat der Europäischen Union |
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland trägt die Kosten.
3. Irland, die Französische Republik und die Europäische Kommission tragen jeweils ihre eigenen Kosten.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend eine Nichtigkeitsklage nach Art. 263 AEUV, eingereicht am 16. Dezember 2011,
Vereinigtes Königreich Großbritannien und Nordirland, vertreten zunächst durch C. Murrell, dann durch M. Holt als Bevollmächtigte im Beistand von A. Dashwood, QC,
Kläger,
unterstützt durch
Irland, vertreten durch E. Creedon, L. Williams und J. Stanley als Bevollmächtigte im Beistand von N. J. Travers, BL, Zustellungsanschrift in Luxemburg,
Streithelfer,
gegen
Rat der Europäischen Union, zunächst vertreten durch G. Marhic und M. Veiga, dann durch A. De Elera als Bevollmächtigte,
Beklagter,
unterstützt durch
Französische Republik, vertreten durch G. de Bergues und N. Rouam als Bevollmächtigte,
Europäische Kommission, zunächst vertreten durch V. Kreuschitz, dann durch S. Pardo Quintillán und J. Enegren als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,
Streithelfer,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten M. Ilešič, der Richter C. G. Fernlund und A. Ó Caoimh, der Richterin C. Toader und des Richters E. Jarašiūnas (Berichterstatter),
Generalanwältin: J. Kokott,
Kanzler: M. Ferreira, Hauptverwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 16. Oktober 2013,
aufgrund des nach Anhörung der Generalanwältin ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Mit seiner Klage beantragt das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland die Nichtigerklärung des Beschlusses 2011/863/EU des Rates vom 16. Dezember 2011 über den Standpunkt der Europäischen Union im Gemischten Ausschuss, der mit dem Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit eingesetzt wurde, zur Ersetzung des Anhangs II des Abkommens über die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (ABl. L 341, S. 1, im Folgenden: angefochtener Beschluss).
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Rz. 2
Art. 48 AEUV, der zu den Bestimmungen über die Freizügigkeit im Dritten Teil Titel IV des AEU-Vertrags gehört, lautet wie folgt:
„Das Europäische Parlament und der Rat beschließen gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren die auf dem Gebiet der sozialen Sicherheit für die Herstellung der Freizügigkeit der Arbeitnehmer notwendigen Maßnahmen; zu diesem Zweck führen sie insbesondere ein System ein, das zu- und abwandernden Arbeitnehmern und Selbstständigen sowie deren anspruchsberechtigten Angehörigen Folgendes sichert:
- die Zusammenrechnung aller nach den verschiedenen innerstaatlichen Rechtsvorschriften berücksichtigten Zeiten für den Erwerb und die Aufrechterhaltung des Leistungsanspruchs sowie für die Berechnung der Leistungen;
- die Zahlung der Leistungen an Personen, die in den Hoheitsgebieten der Mitgliedstaaten wohnen.
…”
Rz. 3
Art. 79 AEUV, der zu den Bestimmungen über den Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts im Dritten Teil Titel V des AEU-Vertrags gehört, sieht vor:
„(1) Die Union entwickelt eine gemeinsame Einwanderungspolitik, die in allen Phasen eine wirksame Steuerung der Migrationsströme, eine angemessene Behandlung von Drittstaatsangehörigen, die sich rechtmäßig in einem Mitgliedstaat aufhalten, sowie die Verhütung und verstärkte Bekämpfung von illegaler Einwanderung und Menschenhandel gewährleisten soll.
(2) Für die Zwecke des Absatzes 1 erlassen das Europäische Parlament und der Rat gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren Maßnahmen in folgenden Bereichen:
…
b) Festlegung der Rechte von Drittstaatsangehörigen, die sich rechtmäßig in einem Mitgliedstaat aufhalten, einschließlich der Bedingungen, unter denen sie sich in den anderen Mitgliedstaaten frei bewegen und aufhalten dürfen;
…”
Rz. 4
Die Art. 1 und 3 des dem EU-Vertrag und dem AEU-Vertrag beigefügten Protokolls (Nr. 21) über die Position des Vereinigten Königreichs und Irlands hinsichtlich des Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts sehen vor, dass sich diese Mitgliedstaaten nicht an der Annahme von Maßnahmen durch den Rat beteiligen, die nach dem Dritten Teil Titel V des AEU-Vertrags vorgeschlagen werden, sofern sie nicht innerhalb von drei Monaten nach der Vorlage eines Vorschlags oder einer Initiative erklären, dass sie sich daran beteiligen möchten.
Rz. 5
Außerdem bestimmt Art. 2 des Prot...