Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechtsangleichung. Vorlage zur Vorabentscheidung. Geistiges Eigentum. Maßnahmen, Verfahren und Rechtsbehelfe, die erforderlich sind, um die Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums sicherzustellen. Recht auf Auskunft. Klagebefugnis. Erforderlichkeit, vorab das Bestehen eines Rechts des geistigen Eigentums nachzuweisen

 

Normenkette

Richtlinie 2004/48/EG

 

Beteiligte

Castorama Polska und Knor

TB

 

Tenor

Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie 2004/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums

ist dahin auszulegen, dass

der Kläger im Rahmen eines Verfahrens wegen Verletzung eines Rechts des geistigen Eigentums nach dieser Bestimmung für die Zwecke eines auf Art. 8 gestützten Auskunftsverlangens alle vernünftigerweise verfügbaren Beweismittel vorlegen muss, die das mit dem Antrag befasste Gericht in die Lage versetzen, sich mit ausreichender Sicherheit davon zu überzeugen, dass er Inhaber dieses Rechts ist, indem er Beweise vorlegt, die im Hinblick auf die Natur dieses Rechts und etwaige besondere Formalitäten geeignet sind.

 

Tatbestand

In der Rechtssache C-628/21

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Sąd Okręgowy w Warszawie (Regionalgericht Warschau, Polen) mit Entscheidung vom 21. Juli 2021, beim Gerichtshof eingegangen am 11. Oktober 2021, in dem Verfahren

TB,

Beteiligte:

Castorama Polska sp. z o.o.,

„Knor“ sp. z o.o.,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten E. Regan sowie der Richter D. Gratsias, M. Ilešič (Berichterstatter), I. Jarukaitis und Z. Csehi,

Generalanwalt: A. Rantos,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • –        der Castorama Polska sp. z o.o., vertreten durch M. Markiewicz, M. Mioduszewski und Z. Ochońska, Radcowie prawni,
  • –        der polnischen Regierung, vertreten durch B. Majczyna als Bevollmächtigten,
  • –        der österreichischen Regierung, vertreten durch A. Posch und G. Kunnert als Bevollmächtigte,
  • –        der Europäischen Kommission, vertreten durch S. L. Kalėda und U. Małecka als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 17. November 2022

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie 2004/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums (ABl. 2004, L 157, S. 45, berichtigt in ABl. 2004, L 195, S. 16).

Rz. 2

Es ergeht im Rahmen eines von TB eingeleiteten Verfahrens, mit dem die Castorama Polska sp. z o.o., eine Gesellschaft mit Sitz in Warschau (Polen), und die „Knor“ sp. z o.o., eine Gesellschaft mit Sitz in Gliwice (Polen), verpflichtet werden sollen, Auskünfte über den Ursprung und die Vertriebswege von Waren oder Dienstleistungen zu erteilen, die angeblich ein Recht des geistigen Eigentums verletzen, dessen Inhaberin TB zu sein behauptet.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Richtlinie 2004/48

Rz. 3

In den Erwägungsgründen 10, 13, 17 und 19 der Richtlinie 2004/48 heißt es:

„(10)      Mit dieser Richtlinie sollen diese Rechtsvorschriften einander angenähert werden, um ein hohes, gleichwertiges und homogenes Schutzniveau für geistiges Eigentum im Binnenmarkt zu gewährleisten.

(13)      Der Anwendungsbereich dieser Richtlinie muss so breit wie möglich gewählt werden, damit er alle Rechte des geistigen Eigentums erfasst, die den diesbezüglichen Gemeinschaftsvorschriften und/oder den Rechtsvorschriften der jeweiligen Mitgliedstaaten unterliegen. Dieses Erfordernis hindert die Mitgliedstaaten jedoch nicht daran, die Bestimmungen dieser Richtlinie bei Bedarf zu innerstaatlichen Zwecken auf Handlungen auszuweiten, die den unlauteren Wettbewerb einschließlich der Produktpiraterie oder vergleichbare Tätigkeiten betreffen.

(17)      Die in dieser Richtlinie vorgesehenen Maßnahmen, Verfahren und Rechtsbehelfe sollten in jedem Einzelfall so bestimmt werden, dass den spezifischen Merkmalen dieses Falles, einschließlich der Sonderaspekte jedes Rechts an geistigem Eigentum und gegebenenfalls des vorsätzlichen oder nicht vorsätzlichen Charakters der Rechtsverletzung gebührend Rechnung getragen wird.

(19)      Da das Urheberrecht ab dem Zeitpunkt der Werkschöpfung besteht und nicht förmlich eingetragen werden muss, ist es angezeigt, die in Artikel 15 der Berner Übereinkunft [zum Schutz von Werken der Literatur und Kunst, unterzeichnet am 9. September 1886 in Bern (Pariser Fassung vom 24. Juli 1971) in der am 28. September 1979 geänderten Fassung] enthaltene Bestimmung zu übernehmen, wonach eine Rechtsvermutung dahin gehend besteht, dass der Urheber eines Werkes der Literatur und Kunst die Person ist, deren Name auf dem Werkstück angegeben ist. Eine entsprechende Rechtsvermutung sollte auf die Inhaber verwandter Rechte Anwendung finden, da die Bemühung, Rechte durchzusetzen und Produktpiraterie zu b...

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