Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsmittel. Wettbewerb. Pharmazeutische Erzeugnisse. Markt für Perindopril. Kartelle. Potenzieller Wettbewerb. Bezweckte Einschränkung des Wettbewerbs. Strategie zur Verzögerung des Markteintritts von Perindopril-Generika. Vergleich zur gütlichen Beilegung eines Patentrechtsstreits. Dauer der Zuwiderhandlung. Begriff der einheitlichen Zuwiderhandlung. Aufhebung oder Herabsetzung der Geldbuße
Normenkette
AEUV Art. 101
Beteiligte
Tenor
1.Nr. 5 des Tenors des Urteils des Gerichts der Europäischen Union vom 12. Dezember 2018, Servier u. a./Kommission (T-691/14, EU:T:2018:922), wird insoweit aufgehoben, als mit ihm die Rügen des von der Servier SAS, der Servier Laboratories Ltd und der Les Laboratoires Servier SAS hilfsweise geltend gemachten Klagegrundes betreffend die Dauer der Zuwiderhandlung und die Berechnung der Geldbuße für die in Art. 5 des Beschlusses C(2014) 4955 final der Kommission vom 9. Juli 2014 in einem Verfahren zur Anwendung der Artikel 101 [AEUV] und 102 [AEUV] (Sache AT.39612 – Perindopril [Servier]) genannte Zuwiderhandlung zurückgewiesen werden.
2.Art. 5 des Beschlusses C(2014) 4955 final wird insoweit für nichtig erklärt, als mit ihm festgestellt wird, dass die mit ihm festgestellte Zuwiderhandlung, was Belgien, die Tschechische Republik, Irland und Ungarn angehe, am 6. Mai 2009 geendet habe.
3.Art. 7 Abs. 5 Buchst. b des Beschlusses C(2014) 4955 final wird insoweit für nichtig erklärt, als die gesamtschuldnerisch gegen die Servier SAS und die Les Laboratoires Servier SAS verhängte Geldbuße mit ihm auf 37 102 100 Euro festgesetzt wird.
4.Die gesamtschuldnerisch gegen die Servier SAS und die Les Laboratoires Servier SAS wegen der in Art. 5 des Beschlusses C(2014) 4955 final festgestellten Zuwiderhandlung verhängte Geldbuße wird auf 34 745 100 Euro festgesetzt.
5.Im Übrigen wird das Rechtsmittel zurückgewiesen.
6.Die Servier SAS, die Servier Laboratories Ltd und die Les Laboratoires Servier SAS tragen ihre eigenen Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens und des Rechtsmittelverfahrens.
7.Die Europäische Kommission trägt ihre eigenen Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens und des Rechtsmittelverfahrens.
8.Die European Federation of Pharmaceutical Industries and Associations (EFPIA) trägt ihre eigenen Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens und des Rechtsmittelverfahrens.
9.Das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland trägt seine eigenen Kosten.
Tatbestand
In der Rechtssache C-201/19 P
betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, eingelegt am 28. Februar 2019,
Servier SASmit Sitz in Suresnes (Frankreich),
Servier Laboratories Ltdmit Sitz in Stoke Poges (Vereinigtes Königreich),
Les Laboratoires Servier SASmit Sitz in Suresnes,
vertreten durch O. de Juvigny, J. Jourdan, T. Reymond, A. Robert, Avocats, J. Killick, Advocaat, und M. I. F. Utges Manley, Solicitor,
Rechtsmittelführerinnen,
andere Parteien des Verfahrens:
Europäische Kommission, zunächst vertreten durch F. Castilla Contreras, B. Mongin und C. Vollrath, dann durch F. Castilla Contreras, F. Castillo de la Torre, B. Mongin, J. Norris und C. Vollrath, schließlich durch F. Castilla Contreras, F. Castillo de la Torre, J. Norris und C. Vollrath als Bevollmächtigte,
Beklagte im ersten Rechtszug,
unterstützt durch:
Vereinigtes Königreich Großbritannien und Nordirland, zunächst vertreten durch D. Guðmundsdóttir als Bevollmächtigte im Beistand von J. Holmes, KC, dann durch L. Baxter, F. Shibli, D. Guðmundsdóttir und J. Simpson als Bevollmächtigte im Beistand von J. Holmes, KC, und P. Woolfe, Barrister, schließlich durch S. Fuller als Bevollmächtigten im Beistand von J. Holmes, KC, und P. Woolfe, Barrister,
Streithelfer im Rechtsmittelverfahren,
European Federation of Pharmaceutical Industries and Associations (EFPIA)mit Sitz in Genf (Schweiz), vertreten durch F. Carlin, Avocate,
Streithelferin im ersten Rechtszug,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Arabadjiev (Berichterstatter), des Präsidenten des Gerichtshofs K. Lenaerts in Wahrnehmung der Aufgaben eines Richters der Ersten Kammer, der Richter P. G. Xuereb und A. Kumin sowie der Richterin I. Ziemele,
Generalanwältin: J. Kokott,
Kanzler: M. Longar, Verwaltungsrat, und R. Şereş, Verwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 20. und 21. Oktober 2021,
nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 14. Juli 2022
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Mit ihrem Rechtsmittel begehren die Servier SAS, die Servier Laboratories Ltd und die Les Laboratoires Servier SAS die teilweise Aufhebung des Urteils des Gerichts der Europäischen Union vom 12. Dezember 2018, Servier u. a./Kommission (T-691/14, im Folgenden: angefochtenes Urteil, EU:T:2018:922), mit dem ihre Klage auf Nichtigerklärung des Beschlusses C(2014) 4955 final der Kommission vom 9. Juli 2014 in einem Verfahren zur Anwendung der Artikel 101...