Entscheidungsstichwort (Thema)

Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats. Art. 49 EG. Soziale Sicherheit. Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs. In einem anderen Mitgliedstaat angefallene Krankheitskosten für ambulante Behandlungen. Nichterstattung oder von einer vorherigen Genehmigung abhängige Erstattung

 

Beteiligte

Kommission / Portugal

Europäische Kommission

Portugiesische Republik

 

Tenor

1. Die Portugiesische Republik hat dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 49 EG verstoßen, dass sie außer unter den Voraussetzungen der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, in der durch die Verordnung (EG) Nr. 118/97 des Rates vom 2. Dezember 1996 geänderten und aktualisierten und durch die Verordnung (EG) Nr. 1992/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Dezember 2006 geänderten Fassung nicht die Möglichkeit der Erstattung von in einem anderen Mitgliedstaat angefallenen Krankheitskosten für ambulante Behandlungen vorsieht, die nicht den Einsatz von in den nationalen Rechtsvorschriften abschließend aufgezählten kostspieligen Großgeräten erfordern, oder in den Fällen, in denen das Decreto-Lei Nr. 177/92 vom 13. August 1992 zur Festsetzung der Bedingungen für die Erstattung von im Ausland angefallenen Krankheitskosten die Möglichkeit der Kostenerstattung für diese Behandlungen vorsieht, die Erstattung von der Erteilung einer vorherigen Genehmigung abhängig macht.

2. Die Portugiesische Republik und die Europäische Kommission tragen ihre eigenen Kosten.

3. Das Königreich Spanien und die Republik Finnland tragen ihre eigenen Kosten.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend eine Vertragsverletzungsklage nach Art. 226 EG, eingereicht am 9. Juli 2009,

Europäische Kommission, vertreten durch E. Traversa und M. França als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Klägerin,

gegen

Portugiesische Republik, vertreten durch L. Inez Fernandes, L. Duarte, A. Veiga Correia und P. Oliveira als Bevollmächtigte,

Beklagte,

unterstützt durch

Republik Finnland, vertreten durch A. Guimaraes-Purokoski als Bevollmächtigte,

Königreich Spanien, vertreten durch J. M. Rodríguez Cárcamo als Bevollmächtigten, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Streithelfer,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten K. Lenaerts, des Richters J. Malenovský, der Richterin R. Silva de Lapuerta sowie der Richter E. Juhász und D. Šváby (Berichterstatter),

Generalanwältin: V. Trstenjak,

Kanzler: M. Ferreira, Hauptverwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 9. Februar 2011,

nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 14. April 2011

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Mit ihrer Klage beantragt die Kommission der Europäischen Gemeinschaften, festzustellen, dass die Portugiesische Republik dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 49 EG verstoßen hat, dass sie weder im Decreto-Lei Nr. 177/92 vom 13. August 1992 zur Festsetzung der Bedingungen für die Erstattung von im Ausland angefallenen Krankheitskosten (Diário da República I, Serie A, Nr. 186, S. 3926) noch in einer anderen Vorschrift des nationalen Rechts die Möglichkeit der Erstattung von Krankheitskosten für ambulante Behandlung in einem anderen Mitgliedstaat außer unter den Voraussetzungen der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, in der durch die Verordnung (EG) Nr. 118/97 des Rates vom 2. Dezember 1996 (ABl. 1997, L 28, S. 1) geänderten und aktualisierten und durch die Verordnung (EG) Nr. 1992/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Dezember 2006 (ABl. L 392, S. 1) geänderten Fassung (im Folgenden: Verordnung Nr. 1408/71) vorgesehen hat oder, falls das angeführte Decreto-Lei die Möglichkeit der Erstattung von Krankheitskosten für ambulante Behandlungen in einem anderen Mitgliedstaat vorsieht, die Erstattung von der Erteilung einer vorherigen Genehmigung abhängig macht.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 2

Art. 22 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1408/71 bestimmt:

„Ein Arbeitnehmer oder Selbständiger, der die nach den Rechtsvorschriften des zuständigen Staates für den Leistungsanspruch erforderlichen Voraussetzungen, gegebenenfalls unter Berücksichtigung des Artikels 18, erfüllt und

a) bei dessen Zustand sich Sachleistungen während eines Aufenthalts im Gebiet eines anderen Mitgliedstaats unter Berücksichtigung der Art der Leistungen und der voraussichtlichen Aufenthaltsdauer als medizinisch notwendig erweisen,

oder

c) der vom zuständigen Träger die Genehmigung erhalten hat, sich in das Gebiet eines anderen Mitgliedstaats zu begeben, um dort eine seinem Zustand angemessene Behandlung zu erhalten,

hat Anspruch auf:

i) Sachleist...

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