Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Lebensmittelsicherheit. Lebensmittel. Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke. Sonstiger medizinisch bedingter Nährstoffbedarf. Lebensmittel, die dem Patienten allgemein einen Nutzen verschaffen. Abgrenzung gegenüber Arzneimitteln

 

Normenkette

Verordnung (EU) Nr. 609/2013 Art. 2 Abs. 2 Buchst. g; Delegierte Verordnung (EU) 2016/128

 

Beteiligte

Orthomol

Orthomol pharmazeutische Vertriebs GmbH

Verband Sozialer Wettbewerb e. V

 

Tenor

Art. 2 Abs. 2 Buchst. g der Verordnung (EU) Nr. 609/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Juni 2013 über Lebensmittel für Säuglinge und Kleinkinder, Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke und Tagesrationen für gewichtskontrollierende Ernährung und zur Aufhebung der Richtlinie 92/52/EWG des Rates, der Richtlinien 96/8/EG, 1999/21/EG, 2006/125/EG und 2006/141/EG der Kommission, der Richtlinie 2009/39/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie der Verordnungen (EG) Nr. 41/2009 und (EG) Nr. 953/2009 des Rates und der Kommission und insbesondere der Begriff „sonstiger medizinisch bedingter Nährstoffbedarf”

sind dahin auszulegen, dass

ein Erzeugnis ein Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke darstellt, wenn krankheitsbedingt ein erhöhter oder spezifischer Nährstoffbedarf besteht, der durch das Lebensmittel gedeckt werden soll, so dass es für eine solche Einstufung nicht ausreicht, dass der Patient allgemein aus der Aufnahme dieses Lebensmittels deswegen Nutzen zieht, weil darin enthaltene Stoffe der Störung entgegenwirken oder deren Symptome lindern.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Oberlandesgericht Düsseldorf (Deutschland) mit Entscheidung vom 28. Juni 2021, beim Gerichtshof eingegangen am 9. Juli 2021, in dem Verfahren

Orthomol pharmazeutische Vertriebs GmbH

gegen

Verband Sozialer Wettbewerb e. V.

erlässt

DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)

unter Mitwirkung der Kammerpräsidentin A. Prechal sowie der Richterin M. L. Arastey Sahún und der Richter, F. Biltgen, N. Wahl (Berichterstatter) und J. Passer,

Generalanwältin: T. Ćapeta,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der Orthomol pharmazeutische Vertriebs GmbH, vertreten durch Rechtsanwalt M. Hagenmeyer,
  • des Verbands Sozialer Wettbewerb e. V., vertreten durch Rechtsanwalt H. Reinhardt,
  • der griechischen Regierung, vertreten durch V. Karra und A. Zacheilas als Bevollmächtigte,
  • der italienischen Regierung, vertreten durch G. Palmieri als Bevollmächtigte im Beistand von L. Vignato, Avvocato dello Stato,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch I. Galindo Martín und B.-R. Killmann als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung der Generalanwältin ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft zum einen die Auslegung der Verordnung (EU) Nr. 609/2013 des Europäischen Parlaments und des Europäischen Rates vom 12. Juni 2013 über Lebensmittel für Säuglinge und Kleinkinder, Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke und Tagesrationen für gewichtskontrollierende Ernährung und zur Aufhebung der Richtlinie 92/52/EWG des Rates, der Richtlinien 96/8/EG, 1999/21/EG, 2006/125/EG und 2006/141/EG der Kommission, der Richtlinie 2009/39/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie der Verordnungen (EG) Nr. 41/2009 und (EG) Nr. 953/2009 der Kommission (ABl. 2013, L 185, S. 35) und zum anderen die Auslegung der Delegierten Verordnung (EU) 2016/128 der Kommission vom 25. September 2015 zur Ergänzung der Verordnung (EU) Nr. 609/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates im Hinblick auf die besonderen Zusammensetzungs- und Informationsanforderungen für Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke (ABl. 2016, L 25 S. 30).

Rz. 2

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Orthomol pharmazeutische Vertriebs GmbH (im Folgenden: Orthomol) und dem Verband Sozialer Wettbewerb e. V. (im Folgenden: VSW) wegen der Vermarktung durch Orthomol von Erzeugnissen als Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke.

Rechtlicher Rahmen

Verordnung Nr. 609/2013

Rz. 3

Die Erwägungsgründe 9, 10, 12, 13, 15 und 25 der Verordnung Nr. 609/2013 lauten:

„(9) Aus einem Bericht der Kommission vom 27. Juni 2008 an das Europäische Parlament und den Rat über die Durchführung des Notifizierungsverfahrens [nach der Richtlinie 2009/39/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. Mai 2009 über Lebensmittel, die für eine besondere Ernährung bestimmt sind (ABl. 2009, L 124, S. 21)] geht hervor, dass es bei der Definition von ‚Lebensmitteln, die für eine besondere Ernährung bestimmt sind’, die durch nationale Behörden anscheinend unterschiedlich ausgelegt werden kann, zu Problemen kommen kann. Daher kam die Kommission zu dem Schluss, dass eine Überarbeitung der [Richtlinie 2009/39] erforderlich ist, um eine wirksamere und einheitlichere D...

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