Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats. Entwicklung der Eisenbahnunternehmen der Gemeinschaft. Richtlinie 2001/14/EG. Zuweisung von Fahrwegkapazität der Eisenbahn. Entgelterhebung. Entgelte. Unabhängigkeit der Geschäftsführung
Beteiligte
Tenor
1. Das Königreich Spanien hat dadurch gegen seine Verpflichtungen aus den Art. 4 Abs. 1, 11, 13 Abs. 2 und 14 Abs. 1 der Richtlinie 2001/14/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2001 über die Zuweisung von Fahrwegkapazität der Eisenbahn und die Erhebung von Entgelten für die Nutzung von Eisenbahninfrastruktur in der durch die Richtlinie 2007/58/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2007 geänderten Fassung verstoßen, dass es nicht die Rechts- und Verwaltungsvorschriften erlassen hat, die erforderlich sind, um diesen Bestimmungen nachzukommen.
2. Das Königreich Spanien trägt die Kosten.
3. Die Tschechische Republik und die Französische Republik tragen ihre eigenen Kosten.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend eine Vertragsverletzungsklage nach Art. 258 AEUV, eingereicht am 6. Oktober 2010,
Europäische Kommission, vertreten durch H. Støvlbæk und R. Vidal Puig als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,
Klägerin,
gegen
Königreich Spanien, vertreten durch S. Centeno Huerta und B. Plaza Cruz als Bevollmächtigte,
Beklagter,
unterstützt durch
Tschechische Republik, vertreten durch M. Smolek, T. Müller und J. Očková als Bevollmächtigte,
Französische Republik, vertreten durch G. de Bergues und M. Perrot als Bevollmächtigte,
Streithelferinnen,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Tizzano, der Richter A. Borg Barthet (Berichterstatter), E. Levits und J.-J. Kasel und der Richterin M. Berger,
Generalanwalt: N. Jääskinen,
Kanzler: C. Strömholm, Verwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 23. Mai 2012,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 6. September 2012
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Mit ihrer Klage beantragt die Europäische Kommission, festzustellen, dass das Königreich Spanien dadurch gegen seine Verpflichtungen
- aus den Art. 4 Abs. 1, 11, 13 Abs. 2, 14 Abs. 1 und 30 Abs. 1 der Richtlinie 2001/14/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2001 über die Zuweisung von Fahrwegkapazität der Eisenbahn und die Erhebung von Entgelten für die Nutzung von Eisenbahninfrastruktur (ABl. L 75, S. 29) in der durch die Richtlinie 2007/58/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2007 (ABl. L 315, S. 44) geänderten Fassung (im Folgenden: Richtlinie 2001/14) und
- aus Art. 10 Abs. 7 der Richtlinie 91/440/EWG des Rates vom 29. Juli 1991 zur Entwicklung der Eisenbahnunternehmen der Gemeinschaft (ABl. L 237, S. 25) in der durch die Richtlinie 2006/103/EG des Rates vom 20. November 2006 (ABl. L 363, S. 344) geänderten Fassung (im Folgenden: Richtlinie 91/440)
verstoßen hat, dass es die Rechts- und Verwaltungsvorschriften, die erforderlich sind, um diesen Vorschriften nachzukommen, nicht erlassen hat.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Rz. 2
Art. 4 der Richtlinie 91/440, der in deren Abschnitt II („Unabhängigkeit der Geschäftsführung”) zu finden ist, lautet:
„(1) Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass Eisenbahnunternehmen in Bezug auf die Geschäftsführung, die Verwaltung und die innerbetriebliche Verwaltungs-, Wirtschafts- und Rechnungsführungskontrolle eine unabhängige Stellung haben, kraft deren sie insbesondere über ein Vermögen, einen Haushaltsplan und eine Rechnungsführung verfügen, die von Vermögen, Haushaltsplan und Rechnungsführung des Staates getrennt sind.
(2) Der Betreiber der Infrastruktur ist unter Beachtung der von den Mitgliedstaaten festgelegten Rahmenvorschriften sowie der Einzelvorschriften betreffend die Entgelterhebung und die Kapazitätszuweisung für seine eigene Geschäftsführung, Verwaltung und innerbetriebliche Kontrolle verantwortlich.”
Rz. 3
Die Erwägungsgründe 11 bis 13 und 34 der Richtlinie 2001/14 lauten:
„(11) Bei den Entgelt- und Kapazitätszuweisungsregelungen sollte allen Unternehmen ein gleicher und nichtdiskriminierender Zugang geboten werden und so weit wie möglich angestrebt werden, den Bedürfnissen aller Nutzer und Verkehrsarten gerecht und in nichtdiskriminierender Weise zu entsprechen.
(12) In dem von den Mitgliedstaaten abgesteckten Rahmen sollten die Entgelt- und Kapazitätszuweisungsregelungen den Betreibern der Eisenbahninfrastruktur einen Anreiz geben, die Nutzung ihrer Fahrwege zu optimieren.
(13) Kapazitätszuweisungsregelungen sollten den Eisenbahnunternehmen klare und konsequente Signale geben, die sie zu rationalen Entscheidungen veranlassen.
…
(34) Investitionen in die Eisenbahninfrastruktur sind wünschenswert, und Wegeentgeltregelungen sollten den Betreibern der Infrastruktur Anreize geben, entsprechende Investitionen zu tätigen, wo diese wirtschaf...