Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Öffentliche Aufträge. Berichtigung der Angebote. Erläuterung der Angebote. Nationale Vorschriften, nach denen die Berichtigung der vorzulegenden Unterlagen durch die Bieter von der Zahlung einer finanziellen Sanktion abhängt. Grundsätze der Vergabe öffentlicher Aufträge. Grundsatz der Gleichbehandlung. Grundsatz der Verhältnismäßigkeit

 

Normenkette

Richtlinie 2004/18/EG Art. 51; Richtlinie 2004/17/EG

 

Beteiligte

MA.T.I. SUD

MA.T.I. SUD SpA

Duemme SGR SpA

Centostazioni SpA

Associazione Cassa Nazionale di Previdenza e Assistenza in favore dei Ragionieri e Periti Commerciali (CNPR)

 

Tenor

Das Unionsrecht, insbesondere Art. 51 der Richtlinie 2004/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge, die Grundsätze der Vergabeverfahren, zu denen die in Art. 10 der Richtlinie 2004/17/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 zur Koordinierung der Zuschlagserteilung durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie der Postdienste und Art. 2 der Richtlinie 2004/18 aufgeführten Grundsätze der Gleichbehandlung und der Transparenz gehören, und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sind dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung grundsätzlich nicht entgegenstehen, die einen Mechanismus zur Unterstützung bei Erstellung der Unterlagen einführt, bei dem der öffentliche Auftraggeber im Rahmen eines Vergabeverfahrens die Bieter, deren Gebot mit einem wesentlichen Mangel im Sinne dieser Regelung behaftet ist, vorbehaltlich der Zahlung einer finanziellen Sanktion zur Berichtigung ihres Angebots auffordern kann, sofern die Höhe dieser Sanktion mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vereinbar bleibt; dies festzustellen ist Sache des vorlegenden Gerichts.

Diese Vorschriften und Grundsätze sind jedoch dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung entgegenstehen, die einen Mechanismus zur Unterstützung bei Erstellung der Unterlagen einführt, bei dem der öffentliche Auftraggeber von einem Bieter gegen eine von diesem zu erbringende Zahlung einer finanziellen Sanktion verlangen kann, dass das Fehlen eines Dokuments behoben wird, das nach den Bestimmungen der Ausschreibungsunterlagen ausdrücklich zum Ausschluss des betreffenden Bieters führen muss, oder dass er Mängel beseitigt, die sich in einer Weise auf sein Angebot auswirken, dass die vorgenommenen Berichtigungen oder Änderungen der Vorlage eines neuen Angebots gleichkämen.

 

Tatbestand

In den verbundenen Rechtssachen

betreffend Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Tribunale amministrativo regionale per il Lazio (Verwaltungsgericht für die Region Latium, Italien) mit Entscheidungen vom 13. und 15. Juli 2016, beim Gerichtshof eingegangen am 12. und 24. Oktober 2016, in den Verfahren

MA.T.I. SUD SpA

gegen

Centostazioni SpA,

Beteiligte:

China Taiping Insurance Co.Ltd (C-523/16),

und

Duemme SGR SpA

gegen

Associazione Cassa Nazionale di Previdenza e Assistenza in favore dei Ragionieri e Periti Commerciali (CNPR) (C-536/16)

erlässt

DER GERICHTSHOF (Achte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten J. Malenovský sowie der Richter D. Šváby und M. Vilaras (Berichterstatter),

Generalanwalt: M. Campos Sánchez-Bordona,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der Duemme SGR SpA, vertreten durch F. Brunetti und F. Scanzano, avvocati,
  • der Associazione Cassa Nazionale di Previdenza e Assistenza in favore dei Ragionieri e Periti Commerciali (CNPR), vertreten durch M. Brugnoletti, avvocato,
  • der italienischen Regierung, vertreten durch G. Palmieri als Bevollmächtigte im Beistand von F. Sclafani, avvocato dello Stato,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch A. Tokár und C. Zadra als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 15. November 2017

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Die Vorabentscheidungsersuchen betreffen die Auslegung der Art. 45 und 51 der Richtlinie 2004/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge (ABl. 2004, L 134, S. 114) sowie die Grundsätze des größtmöglichen Wettbewerbs, der Verhältnismäßigkeit, der Gleichbehandlung und der Nichtdiskriminierung im Bereich der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Dienstleistungsaufträge und Lieferaufträge.

Rz. 2

In der Rechtssache C-523/16 ergeht das Vorabentscheidungsersuchen in einem Rechtsstreit zwischen der MA.T.I. SUD SpA und der Centostazioni SpA betreffend ein Verfahren zur Vergabe eines öffentlichen Auftrags über „die gewöhnliche und außergewöhnliche Instandhaltung sowie für das Energiemanagement der Gebäude der zum Netz von Centostazioni gehörenden Bahnhöfe”.

Rz. 3

In der Rechtssache C-536/16 ergeht es in einem Rec...

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