Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Verkehr. Gegenseitige Anerkennung der Führerscheine. Ablehnung der Anerkennung eines in anderem Mitgliedstaat ausgestellten Führerscheins. Auf der Grundlage eines Führerscheins nachgewiesenes Recht zum Führen eines Fahrzeugs

 

Normenkette

Richtlinie 2006/126/EG

 

Beteiligte

Meyn

Detlef Meyn

 

Tenor

Die Bestimmungen der Richtlinie 2006/126/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 über den Führerschein sind dahin auszulegen, dass sie es einem Mitgliedstaat nicht untersagen, die Anerkennung eines Führerscheins abzulehnen, dessen Inhaber seinen ordentlichen Wohnsitz im Hoheitsgebiet dieses Mitgliedstaats hat und der von einem anderen Mitgliedstaat ohne Fahreignungsprüfung auf der Grundlage eines von einem weiteren Mitgliedstaat ausgestellten Führerscheins ausgestellt worden ist, der wiederum im Umtausch für einen von einem Drittstaat ausgestellten Führerschein ausgegeben wurde.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Oberlandesgericht Karlsruhe (Deutschland) mit Entscheidung vom 20. Dezember 2017, beim Gerichtshof eingegangen am 4. Januar 2018, in dem Strafverfahren gegen

Detlef Meyn,

Beteiligte:

Generalstaatsanwaltschaft Karlsruhe,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Siebte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten T. von Danwitz sowie der Richter E. Levits (Berichterstatter) und P. G. Xuereb,

Generalanwalt: M. Bobek,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • von Herrn Meyn, vertreten durch Rechtsanwalt W. Säftel,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch G. Braun und N. Yerrell als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 2 Abs. 1 und Art. 11 Abs. 6 der Richtlinie 2006/126/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 über den Führerschein (ABl. 2006, L 403, S. 18).

Rz. 2

Es ergeht im Rahmen eines Strafverfahrens gegen Herrn Detlef Meyn wegen Führens eines Kraftfahrzeugs ohne Fahrerlaubnis.

Rechtlicher Rahmen

Richtlinie 2006/126

Rz. 3

Der achte Erwägungsgrund der Richtlinie 2006/126 lautet:

„Aus Gründen der Straßenverkehrssicherheit sollten die Mindestvoraussetzungen für die Erteilung einer Fahrerlaubnis festgelegt werden. Die Normen für die von den Fahrern abzulegenden Prüfungen und für die Erteilung der Fahrerlaubnis müssen harmonisiert werden. Zu diesem Zweck sollten die Kenntnisse, Fähigkeiten und Verhaltensweisen im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeugs festgelegt werden, die Fahrprüfung sollte auf diesen Konzepten beruhen, und die Mindestanforderungen an die körperliche und geistige Tauglichkeit zum Führen dieser Fahrzeuge sollten neu festgelegt werden.”

Rz. 4

Art. 1 Abs. 1 dieser Richtlinie sieht vor:

„Die Mitgliedstaaten führen einen nationalen Führerschein gemäß den Bestimmungen dieser Richtlinie nach dem in Anhang I wiedergegebenen EG-Muster ein. Das Emblem auf Seite 1 des EG-Muster-Führerscheins enthält das Unterscheidungszeichen des ausstellenden Mitgliedstaats.”

Rz. 5

Art. 2 („Gegenseitige Anerkennung”) der Richtlinie 2006/126 bestimmt in seinem Abs. 1:

„Die von den Mitgliedstaaten ausgestellten Führerscheine werden gegenseitig anerkannt.”

Rz. 6

Art. 7 Abs. 1 dieser Richtlinie legt die Voraussetzungen für die Ausstellung des Führerscheins fest und stellt in Buchst. e klar, dass ein Führerschein nur an Bewerber ausgestellt werden darf, die im Hoheitsgebiet des den Führerschein ausstellenden Mitgliedstaats ihren ordentlichen Wohnsitz haben.

Rz. 7

In Art. 11 der Richtlinie 2006/126 heißt es:

„(1) Hat der Inhaber eines von einem Mitgliedstaat ausgestellten gültigen Führerscheins seinen ordentlichen Wohnsitz in einem anderen Mitgliedstaat begründet, so kann er einen Antrag auf Umtausch seines Führerscheins gegen einen gleichwertigen Führerschein stellen. Es ist Sache des umtauschenden Mitgliedstaats, zu prüfen, für welche Fahrzeugklasse der vorgelegte Führerschein tatsächlich noch gültig ist.

(6) Tauscht ein Mitgliedstaat einen von einem Drittland ausgestellten Führerschein gegen einen EG-Muster-Führerschein um, so wird der Umtausch in dem EG-Muster-Führerschein vermerkt; dies gilt auch für jede spätere Erneuerung oder Ersetzung.

Der Umtausch darf nur dann vorgenommen werden, wenn der von einem Drittland ausgestellte Führerschein den zuständigen Behörden des umtauschenden Mitgliedstaats ausgehändigt worden ist. Verlegt der Inhaber dieses Führerscheins seinen ordentlichen Wohnsitz in einen anderen Mitgliedstaat, so braucht dieser Mitgliedstaat den Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung gemäß Artikel 2 nicht anzuwenden.”

Deutsches Recht

Rz. 8

§ 28 Abs. 1 der Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr (im Folgenden: Fahrerlaubnis-Verordnung) sieht in seiner im Ausgangsverfahren anwe...

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