Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsausgabenabzug für Fortbildungsveranstaltungen im Ausland grundsätzlich zulässig
Leitsatz (amtlich)
Artikel 59 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 49 EG) steht der Regelung eines Mitgliedstaats entgegen, wonach für die Bestimmung des zu versteuernden Einkommens vermutet wird, daß Fortbildungsveranstaltungen an üblichen Urlaubsorten in anderen Mitgliedstaaten in so erheblichem Umfang Urlaubszwecken dienen, daß die Ausgaben für die Teilnahme an diesen Veranstaltungen nicht als berufliche Aufwendungen abzugsfähig sind, während für Fortbildungsveranstaltungen an üblichen Urlaubsorten in dem betreffenden Mitgliedstaat eine solche Vermutung nicht gilt.
Normenkette
EWGVtr Art. 59
Beteiligte
Verfahrensgang
Tatbestand
"Dienstleistungsfreiheit - Einkommensteuer - Steuerpflichtiges Einkommen - Abzug von Ausgaben für Fortbildungsveranstaltungen - Unterscheidung nach dem Land, in dem die Veranstaltungen stattfinden"
In der Rechtssache C-55/98
betreffend ein dem Gerichtshof nach Artikel 177 EG-Vertrag (jetzt Artikel 234 EG) vom Højesteret (Dänemark) in dem bei diesem anhängigen Rechtsstreit
Skatteministeriet
gegen
Bent Vestergaard
vorgelegtes Ersuchen um Vorabentscheidung über die Auslegung der Artikel 6 und 59 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 12 EG und 49 EG)
erläßt
DER GERICHTSHOF (Sechste Kammer)
unter Mitwirkung des Präsidenten der Zweiten Kammer R. Schintgen (Berichterstatter) in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Sechsten Kammer sowie der Richter P. J. G. Kapteyn und G. Hirsch,
Generalanwalt: A. Saggio
Kanzler: H. von Holstein, Hilfskanzler
unter Berücksichtigung der schriftlichen Erklärungen
- des Skatteministeriet, vertreten durch Rechtsanwalt P. Biering, Kopenhagen,
- von Herrn Vestergaard, vertreten durch Rechtsanwalt T. V. Christiansen, Kopenhagen,
- der niederländischen Regierung, vertreten durch Rechtsberater A. Bos, Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten, als Bevollmächtigten,
- der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch Rechtsberater H. P. Hartvig und H. Michard, Juristischer Dienst, als Bevollmächtigte,
aufgrund des Sitzungsberichts,
nach Anhörung der mündlichen Ausführungen des Skatteministeriet, vertreten durch Rechtsanwalt P. Biering, von Herrn Vestergaard, vertreten durch Rechtsanwalt L. Henriksen, ÊAbyhøj, und der Kommission, vertreten durch H. P. Hartvig, in der Sitzung vom 11. März 1999,
nach Anhörung der Schlußanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 10. Juni 1999,
folgendes
Urteil
1.
Das Højesteret (Dänemark) hat mit Urteil vom 18. Februar 1998, beim Gerichtshof eingegangen am 24. Februar 1998, gemäß Artikel 177 EG-Vertrag (jetzt Artikel 234 EG) zwei Fragen nach der Auslegung der Artikel 6 und 59 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 12 EG und 49 EG) zur Vorabentscheidung vorgelegt.
2.
Diese Fragen stellen sich in einem Rechtsstreit zwischen dem Skatteministeriet (Finanzministerium) und Herrn Vestergaard über die Weigerung des Ministeriums, Ausgaben von Herrn Vestergaard für seine Teilnahme an einer Fortbildungsveranstaltung im Ausland von den zu versteuernden Einkünften der
Bent Vestergaard A/S, deren einziger Aktionär er ist, als Betriebsausgaben abzuziehen.
Vorschriften des nationalen Rechts
3.
In Dänemark sind nach Artikel 4 des Statsskattelov (Gesetz Nr. 149 vom 10. April 1922 über die an den Staat zu entrichtenden Steuern; im folgenden: Gesetz) Geldeinnahmen und Einnahmen geldwerter Güter steuerpflichtige Einkünfte.
4.
Artikel 6 des Gesetzes bestimmt:
"(1) Von den zu versteuernden Einkünften sind abzuziehen:
a) berufliche Aufwendungen, d. h. Ausgaben im Steuerjahr für die Erzielung, Sicherung und Erhaltung von Einkünften einschließlich planmäßiger Abschreibungen;
…
(2) Das steuerpflichtige Einkommen wird unabhängig davon festgesetzt, ob es für persönliche oder familiäre Zwecke, für Dienstleistungen, Gebrauchsartikel oder Freizeitzwecke, zur Vermögensbildung, Verbesserung von Vermögensgütern, in einem Handels- oder sonstigen Betrieb, für Ersparnisse oder ähnliche Vermögensanlagen, Geschenke oder sonst wie verwendet wird."
5.
Welche beruflichen Aufwendungen gemäß Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe a des Gesetzes abzugsfähig sind, ergibt sich im einzelnen aus der Verwaltungspraxis und der Rechtsprechung. So heißt es in den Richtlinien des Skatteministeriet für das Steuerjahr 1988:
"Abzugsfähig sind Ausgaben für die Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen, mit denen die Fach- und theoretischen Kenntnisse der Teilnehmer erhalten und aktualisiert werden sollen …
Findet eine berufliche Zusammenkunft oder ein Seminar im Ausland (insbesondere an üblichen Urlaubsorten) statt, so sind die Ausgaben nicht abzugsfähig, es sei denn, die Wahl des Reiseziels und Veranstaltungsorts ist aus beruflichen Gründen gerechtfertigt."
6.
In den Richtlinien für die Steuerjahre nach demjenigen, um das es im Ausgangsverfahren geht, so für das Steuerjahr 1996, wurde hinzugefügt:
"...