Entscheidungsstichwort (Thema)

Richtlinie 2003/54/EG. Gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt. Richtlinie 2004/85/EG. Vorläufige Ausnahmen für Estland. Rechtsgrundlage

 

Beteiligte

Parlament / Rat

Europäisches Parlament

Rat der Europäischen Union

 

Tenor

1. Die Richtlinie 2004/85/EG des Rates vom 28. Juni 2004 zur Änderung der Richtlinie 2003/54/EG des Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich der Anwendung bestimmter Vorschriften auf Estland wird für nichtig erklärt, soweit sie über den 31. Dezember 2008 hinaus zugunsten Estlands eine Ausnahme von der Anwendung von Artikel 21 Absatz 1 Buchstaben b und c der Richtlinie 2003/54/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2003 über gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 96/92/EG sowie eine entsprechende Verpflichtung, am 1. Januar 2009 eine nur teilweise Marktöffnung von 35 % des Verbrauchs zu gewährleisten, und eine Verpflichtung zur jährlichen Mitteilung der Verbrauchsschwellen vorsieht, die die Endverbraucher berechtigen, als zugelassene Kunden behandelt zu werden.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Der Rat der Europäischen Union trägt die Kosten.

4. Die Republik Polen, die Republik Estland und die Kommission der Europäischen Gemeinschaften tragen ihre eigenen Kosten.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend eine Nichtigkeitsklage nach Artikel 230 EG, eingereicht am 23. September 2004,

Europäisches Parlament, vertreten durch A. Baas und U. Rösslein als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Kläger,

unterstützt durch

Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch J. Sack und P. Van Nuffel als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Streithelferin,

gegen

Rat der Europäischen Union, vertreten durch A. Lopes Sabino und M. Bishop als Bevollmächtigte,

Beklagter,

unterstützt durch

Republik Estland, vertreten durch L. Uibo als Bevollmächtigten,

Republik Polen, vertreten durch M. Weglarz, T. Nowakowski und T. Krawczyk als Bevollmächtigte,

Streithelferinnen,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Große Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten V. Skouris, der Kammerpräsidenten P. Jann, C. W. A. Timmermans, A. Rosas, K. Lenaerts, P. Kūris und E. Juhász sowie der Richter K. Schiemann (Berichterstatter), J. Makarczyk, G. Arestis, A. Borg Barthet, A. Ó Caoimh und L. Bay Larsen,

Generalanwalt: L. A. Geelhoed,

Kanzler: L. Hewlett, Hauptverwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 15. März 2006,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 1. Juni 2006

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

1 In seiner Klageschrift beantragt das Europäische Parlament die Nichtigerklärung der Richtlinie 2004/85/EG des Rates vom 28. Juni 2004 zur Änderung der Richtlinie 2003/54/EG des Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich der Anwendung bestimmter Vorschriften auf Estland (ABl. L 236, S. 10, im Folgenden: angefochtene Richtlinie).

2 Die Richtlinie 96/92/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. Dezember 1996 betreffend gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt (ABl. 1997, L 27, S. 20) trat am 19. Februar 1997 in Kraft. Sie war bis zum 19. Februar 1999 in nationales Recht umzusetzen.

3 Der Vertrag über den Beitritt von zehn neuen Mitgliedstaaten, zu denen die Republik Estland gehört, zur Europäischen Union wurde am 16. April 2003 unterzeichnet (ABl. 2003, L 236, S. 17, im Folgenden: Beitrittsvertrag von 2003). Nach Artikel 1 Absatz 2 dieses Vertrages sind die Aufnahmebedingungen und die aufgrund der Aufnahme erforderlichen Anpassungen der die Union begründenden Verträge in der diesem Vertrag beigefügten Akte festgelegt, die Bestandteil des Vertrages ist (im Folgenden: Beitrittsakte von 2003).

4 Anhang VI der Beitrittsakte von 2003 sieht u. a. hinsichtlich der Anwendung der Richtlinie 96/92 Übergangsmaßnahmen für die Republik Estland vor.

5 Die Richtlinie 2003/54/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2003 über gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 96/92 (ABl. L 176, S. 37) wurde auf der Grundlage der Artikel 47 Absatz 2 EG, 55 EG und 95 EG erlassen.

6 Um übergangsweise die Anwendung bestimmter Vorschriften der Richtlinie 2003/54 in Bezug auf die Republik Estland aufzuschieben, erließ der Rat der Europäischen Union die angefochtene Richtlinie. Diese Richtlinie wurde auf der Grundlage von Artikel 57 der Beitrittsakte von 2003 erlassen.

7 Zur Stützung seiner Klage macht das Europäische Parlament geltend, dass die angefochtene Richtlinie nicht auf der Grundlage des Artikels 57 der Beitrittsakte habe erlassen werden dürfen und dass sie nicht der Begründungspflicht gemäß Artikel 253 EG genüge.

8 Mit Beschlüssen des Präsidenten des Gerichtshofes vom 21. Dezember 2004 und 9. März 2005 sind die Kommission der Europäischen Gemeinschaften, die Republik Estland und die Republik Polen als Streithelferinnen im vorliegenden Verfahren zugelassen ...

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