Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorlage zur Vorabentscheidung. Öffentliche Aufträge. Nachprüfungsverfahren. Klagerecht, das von der Abgabe eines Angebots im Rahmen des Vergabeverfahrens abhängt
Normenkette
Richtlinie 89/665/EWG Art. 1 Abs. 3; Richtlinie 92/13/EWG Art. 1 Abs. 3
Beteiligte
Amt Azienda Trasporti e Mobilità u.a |
Amt Azienda Trasporti e Mobilità SpA |
Atpl Liguria – Agenzia regionale per il trasporto pubblico locale SpA |
Tenor
Sowohl Art. 1 Abs. 3 der Richtlinie 89/665/EWG des Rates vom 21. Dezember 1989 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Anwendung der Nachprüfungsverfahren im Rahmen der Vergabe öffentlicher Liefer- und Bauaufträge in der durch die Richtlinie 2007/66/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2007 geänderten Fassung als auch Art. 1 Abs. 3 der Richtlinie 92/13/EWG des Rates vom 25. Februar 1992 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Anwendung der Gemeinschaftsvorschriften über die Auftragsvergabe durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie im Telekommunikationssektor in der durch die Richtlinie 2007/66 geänderten Fassung sind dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren fraglichen nicht entgegenstehen, die es Wirtschaftsteilnehmern nicht erlaubt, gegen die Entscheidungen des öffentlichen Auftraggebers in einem Vergabeverfahren zu klagen, wenn sie sich entschieden haben, an diesem Verfahren nicht teilzunehmen, weil sich aus der auf das Verfahren anwendbaren Regelung ergibt, dass es sehr unwahrscheinlich ist, dass sie den Zuschlag für den betreffenden öffentlichen Auftrag erhalten.
Es ist jedoch Sache des zuständigen nationalen Gerichts, unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände, die den Kontext der bei ihm anhängigen Rechtssache kennzeichnen, umfassend zu prüfen, ob nicht die konkrete Anwendung dieser Regelung das Recht der betroffenen Wirtschaftsteilnehmer auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz beeinträchtigen kann.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Tribunale Amministrativo Regionale per la Liguria (Verwaltungsgericht für die Region Ligurien, Italien) mit Entscheidung vom 8. Februar 2017, beim Gerichtshof eingegangen am 31. Mai 2017, in dem Verfahren
Amt Azienda Trasporti e Mobilità SpA,
Atc Esercizio SpA,
Atp Esercizio Srl,
Riviera Trasporti SpA,
Tpl Linea Srl
gegen
Atpl Liguria – Agenzia regionale per il trasporto pubblico locale SpA,
Regione Liguria
erlässt
DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)
unter Mitwirkung des Präsidenten der Vierten Kammer M. Vilaras in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Dritten Kammer sowie der Richter J. Malenovský, L. Bay Larsen, M. Safjan und D. Šváby (Berichterstatter),
Generalanwalt: M. Campos Sánchez-Bordona,
Kanzler: R. Schiano, Verwaltungsrat,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 26. April 2018,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- der italienischen Regierung, vertreten durch G. Palmieri als Bevollmächtigte im Beistand von C. Colelli, avvocato dello Stato,
- der tschechischen Regierung, vertreten durch M. Smolek, J. Vláčil und T. Müller als Bevollmächtigte,
- der spanischen Regierung, vertreten durch M. J. García-Valdecasas Dorrego als Bevollmächtigte,
- der Europäischen Kommission, vertreten durch G. Gattinara und P. Ondrůšek als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 5. Juli 2018
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 1 Abs. 1 bis 3 und Art. 2 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 89/665/EWG des Rates vom 21. Dezember 1989 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Anwendung der Nachprüfungsverfahren im Rahmen der Vergabe öffentlicher Liefer- und Bauaufträge (ABl. 1989, L 395, S. 33) in der durch die Richtlinie 2007/66/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2007 (ABl. 2007, L 335, S. 31) geänderten Fassung (im Folgenden: Richtlinie 89/665).
Rz. 2
Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Amt Azienda Trasporti e Mobilità SpA, der Atc Esercizio SpA, der Atp Esercizio Srl, der Riviera Trasporti SpA und der Tpl Linea Srl (im Folgenden: Amt u. a.) und der Agenzia regionale per il trasporto pubblico locale SpA (Regionalagentur für den öffentlichen Nahverkehr, Italien, im Folgenden: Agentur) wegen deren Entscheidung, eine nicht förmliche Ausschreibung zur Vergabe des öffentlichen Nahverkehrsdiensts auf dem Gebiet der Regione per la Liguria (Region Ligurien, Italien, im Folgenden: Region) bekannt zu machen.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Richtlinie 89/665
Rz. 3
Art. 1 „Anwendungsbereich und Zugang zu Nachprüfungsverfahren”) der Richtlinie 89/665 bestimmt:
„(1) Diese Richtlinie gilt für Aufträge im Sinne der Richtlinie 2004/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rat...