Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzung, dass der Betreffende Leistungen wegen Arbeitslosigkeit in dem betreffenden Mitgliedstaat erhalten hat. Türkei. Artikel 3 des Beschlusses Nr. 3/80. Grundsatz der Gleichbehandlung. Artikel 45 Absatz 1 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71. Soziale Sicherheit der Wanderarbeitnehmer. Altersrente. Vorzeitige Altersrente bei Arbeitslosigkeit. Artikel 9 des Assoziierungsabkommens EWG
Beteiligte
Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter |
Tenor
Artikel 3 Absatz 1 des Beschlusses Nr. 3/80 des Assoziationsrates vom 19. September 1980 über die Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit der Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften auf die türkischen Arbeitnehmer und auf deren Familienangehörige ist dahin auszulegen, dass er der Anwendung von Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats entgegensteht, nach denen ein Anspruch auf vorgezogene Altersrente wegen Arbeitslosigkeit nur besteht, wenn der Arbeitnehmer während eines bestimmten Zeitraums vor der Stellung des Rentenantrags Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung nur dieses Mitgliedstaats erhalten hat.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein dem Gerichtshof nach Artikel 234 EG vom Obersten Gerichtshof (Österreich) in dem bei diesem anhängigen Rechtsstreit
Sakir Öztürk
gegen
Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter
vorgelegtes Ersuchen um Vorabentscheidung über die Auslegung von Artikel 9 des Abkommens zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei, unterzeichnet durch die Republik Türkei und die Mitgliedstaaten der EWG am 12. September 1963 in Ankara und im Namen der Gemeinschaft geschlossen, gebilligt und bestätigt durch den Beschluss 64/732/EWG des Rates vom 23. Dezember 1963 (ABl. 1964, Nr. 217, S. 3685), sowie von Artikel 45 Absatz 1 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 118/97 des Rates vom 2. Dezember 1996 (ABl. 1997, L 28, S. 1)
erlässt
DER GERICHTSHOF (Große Kammer)
unter Mitwirkung des Präsidenten V. Skouris, der Kammerpräsidenten P. Jann, C. W. A. Timmermans, C. Gulmann und J. N. Cunha Rodrigues, der Richter J.-P. Puissochet und R. Schintgen (Berichterstatter), der Richterinnen F. Macken und N. Colneric sowie der Richter S. von Bahr und K. Lenaerts,
Generalanwalt: D. Ruiz-Jarabo Colomer, Kanzler: R. Grass,
unter Berücksichtigung der schriftlichen Erklärungen
- von Herrn Öztürk, vertreten durch Rechtsanwalt P. Guhl,
- der österreichischen Regierung, vertreten durch E. Riedl als Bevollmächtigten,
- der deutschen Regierung, vertreten durch W.-D. Plessing als Bevollmächtigten,
- der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch H. Michard und W. Bogensberger als Bevollmächtigte,
aufgrund des Berichts des Berichterstatters,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 12. Februar 2004,
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
1
Der Oberste Gerichtshof hat mit Beschluss vom 17. September 2002, beim Gerichtshof eingegangen am 17. Oktober 2002, gemäß Artikel 234 EG zwei Fragen nach der Auslegung von Artikel 9 des Abkommens zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei, unterzeichnet durch die Republik Türkei und die Mitgliedstaaten der EWG am 12. September 1963 in Ankara und im Namen der Gemeinschaft geschlossen, gebilligt und bestätigt durch den Beschluss 64/732/EWG des Rates vom 23. Dezember 1963 (ABl. 1964, Nr. 217, S. 3685), sowie von Artikel 45 Absatz 1 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 118/97 des Rates vom 2. Dezember 1996 (ABl. 1997, L 28, S. 1) (im Folgenden: Verordnung Nr. 1408/71) zur Vorabentscheidung vorgelegt.
2
Diese Fragen stellen sich in einem Rechtsstreit zwischen Herrn Öztürk und der österreichischen Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter (im Folgenden: PVA) über deren Weigerung, Herrn Öztürk eine vorzeitige Alterspension bei Arbeitslosigkeit zu gewähren
Rechtlicher Rahmen
Assoziierungsabkommen EWG-Türkei
3
Ziel des Assoziierungsabkommens ist es nach seinem Artikel 2 Absatz 1, eine beständige und ausgewogene Verstärkung der Handels- und Wirtschaftsbeziehungen zwischen den Vertragsparteien zu fördern. Dazu sieht das Assoziierungsabkommen eine Vorbereitungsphase, eine Übergangsphase und eine Endphase vor; die Vorbereitungsphase soll es der Republik Türkei ermöglichen, ihre Wirtschaft mit Hilfe der Gemeinschaft zu festigen (Artikel 3), in der Übergangsphase ist die schrittweise Errichtung einer Zollunion und die Annäherung der Wirtschaftspolitiken vorgesehen (Artikel 4), und die auf der Zollunion beruhende Endphase schli...