Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsmittel. Staatliche Beihilfen. Regionale Investitionsbeihilfen. Beihilfe zugunsten eines großen Investitionsvorhabens. Mit dem Binnenmarkt teilweise unvereinbare Beihilfe. Notwendigkeit der Beihilfe. Beihilfe, die den Schwellenwert für eine Einzelanmeldung überschreitet. Anmeldung. Reichweite der Gruppenfreistellung. Anschlussrechtsmittel. Zulassung eines Streitbeitritts vor dem Gericht der Europäischen Union. Zulässigkeit
Normenkette
AEUV Art. 107 Abs. 3; EGV Nr. 800/2008; AEUV Art. 108 Abs. 3
Beteiligte
Bayerische Motoren Werke/ Kommission und Freistaat Sachsen |
Bayerische Motoren Werke AG |
Tenor
1. Das Hauptrechtsmittel und das Anschlussrechtsmittel werden zurückgewiesen.
2. Die Bayerische Motoren Werke AG trägt im Zusammenhang mit dem Hauptrechtsmittel neben ihren eigenen Kosten die der Europäischen Kommission entstandenen Kosten.
3. Der Freistaat Sachsen trägt seine eigenen Kosten im Zusammenhang mit dem Hauptrechtsmittel.
4. Die Europäische Kommission trägt im Zusammenhang mit dem Anschlussrechtsmittel neben ihren eigenen Kosten die der Bayerischen Motoren Werke AG und dem Freistaat Sachsen entstandenen Kosten.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, eingelegt am 22. November 2017,
Bayerische Motoren Werke AG mit Sitz in München (Deutschland), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte M. Rosenthal, G. Drauz und M. Schütte,
Rechtsmittelführerin,
andere Parteien des Verfahrens:
Europäische Kommission, vertreten durch F. Erlbacher, A. Bouchagiar und T. Maxian Rusche als Bevollmächtigte,
Beklagte im ersten Rechtszug,
Freistaat Sachsen, vertreten durch Rechtsanwalt T. Lübbig,
Streithelfer im ersten Rechtszug,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten E. Regan (Berichterstatter) sowie der Richter C. Lycourgos, E. Juhász, M. Ilešič und I. Jarukaitis,
Generalanwalt: E. Tanchev,
Kanzler: D. Dittert, Referatsleiter,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 23. Januar 2019,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 3. April 2019
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Mit ihrem Rechtsmittel begehrt die Bayerische Motoren Werke AG (im Folgenden: BMW) die Aufhebung des Urteils des Gerichts der Europäischen Union vom 12. September 2017, Bayerische Motoren Werke/Kommission (T-671/14, im Folgenden: angefochtenes Urteil, EU:T:2017:599), mit dem das Gericht ihre Klage auf teilweise Nichtigerklärung des Beschlusses (EU) 2016/632 der Kommission vom 9. Juli 2014 über die staatliche Beihilfe SA.32009 (2011/C) (ex 2010/N), die die Bundesrepublik Deutschland zugunsten von BMW für ein großes Investitionsvorhaben in Leipzig gewähren will (ABl. 2016, L 113, S. 1, im Folgenden: streitiger Beschluss), abgewiesen hat.
Rz. 2
Die Europäische Kommission begehrt mit einem Anschlussrechtsmittel die Aufhebung des Beschlusses des Präsidenten der Fünften Kammer des Gerichts vom 11. Mai 2015, Bayerische Motoren Werke/Kommission (T-671/14, nicht veröffentlicht, im Folgenden: Beschluss vom 11. Mai 2015, EU:T:2015:322), mit dem dieser dem Antrag des Freistaats Sachsen auf Zulassung zur Streithilfe stattgegeben hat, sowie der im angefochtenen Urteil enthaltenen Entscheidung über die Zulässigkeit dieser Streithilfe und über die Einbeziehung der Argumente, die der Freistaat Sachsen über diejenigen der Rechtsmittelführerin hinaus geltend gemacht hat.
Rechtlicher Rahmen
Verordnung Nr. 659/1999
Rz. 3
In Art. 1 der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates vom 22. März 1999 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel [108 AEUV] (ABl. 1999, L 83, S. 1) in der durch die Verordnung (EU) Nr. 734/2013 des Rates vom 22. Juli 2013 (ABl. 2013, L 204, S. 15) geänderten Fassung (im Folgenden: Verordnung Nr. 659/1999) heißt es:
„Im Sinne dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck
…
b) ‚bestehende Beihilfen’
…
ii) genehmigte Beihilfen, also Beihilferegelungen und Einzelbeihilfen, die von der Kommission oder vom Rat [der Europäischen Union] genehmigt wurden;
…
c) ‚neue Beihilfen’ alle Beihilfen, also Beihilferegelungen und Einzelbeihilfen, die keine bestehenden Beihilfen sind, einschließlich Änderungen bestehender Beihilfen;
…”
Rz. 4
Art. 2 („Anmeldung neuer Beihilfen”) dieser Verordnung bestimmt in Abs. 1:
„Soweit die Verordnungen nach Artikel [109 AEUV] oder nach anderen einschlägigen Vertragsvorschriften nichts anderes vorsehen, teilen die Mitgliedstaaten der Kommission ihre Vorhaben zur Gewährung neuer Beihilfen rechtzeitig mit. …”
Rz. 5
Art. 7 („Entscheidungen der Kommission über den Abschluss des förmlichen Prüfverfahrens”) der Verordnung sieht vor:
„…
(2) Gelangt die Kommission zu dem Schluss, dass die angemeldete Maßnahme, gegebenenfalls nach entsprechenden Änderungen durch den betreffenden Mitgliedstaat, keine Beihilfe darstellt, so stellt sie dies durch Entscheidung fest.
(3) Stellt die Kommission fest, dass, gegebenenfalls nach Änderung durch den bet...