Entscheidungsstichwort (Thema)

Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats. Freizügigkeit der Arbeitnehmer. Niederlassungsfreiheit. Dienstleistungsfreiheit. Tätigkeit privater Sicherheitsdienste. Private Sicherheitsunternehmen und vereidigte private Wachleute. Erfordernis der Staatszugehörigkeit. Feststellung, dass die Italienische Republik dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus den Artikeln 48, 52 und 59 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 39 EG, 43 EG und 49 EG) verstoßen hat

 

Beteiligte

Kommission / Italien

Kommission der Europäischen Gemeinschaften

A. Aresu und M. Patakia

Italienische Republik

U. Leanza als Bevollmächtigten im Beistand zunächst von P. G. Ferri, dann von F. Quadri, avvocati dello Stato

 

Tenor

1. Die Italienische Republik hat dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus den Artikeln 48, 52 und 59 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 39 EG, 43 EG und 49 EG) verstoßen, dass sie bestimmt,

  • dass die Tätigkeiten privater Sicherheitsdienste, einschließlich derjenigen der Überwachung oder Bewachung von beweglichem oder unbeweglichem Eigentum, im italienischen Hoheitsgebiet vorbehaltlich einer Lizenz nur von italienischen privaten Sicherheitsunternehmen ausgeübt werden können,
  • dass als vereidigte private Wachleute nur italienische Staatsangehörige mit der entsprechenden Lizenz eingestellt werden können.

2. Die Italienische Republik trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Gründe

1. Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften hat mit Klageschrift, die am 29. Juli 1999 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, gemäß Artikel 226 EG Klage auf Feststellung erhoben, dass die Italienische Republik dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus den Artikeln 48, 52 und 59 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 39 EG, 43 EG und 49 EG) verstoßen hat, dass sie bestimmt,

  • dass die Tätigkeiten privater Sicherheitsdienste, einschließlich derjenigen der Überwachung oder Bewachung von beweglichem oder unbeweglichem Eigentum, im italienischen Hoheitsgebiet vorbehaltlich einer Lizenz nur von italienischen privaten Sicherheitseinrichtungen ausgeübt werden können,
  • dass als vereidigte private Wachleute nur italienische Staatsangehörige mit der entsprechenden Lizenz eingestellt werden können.

Nationale Regelung

2. Die Tätigkeit privater Sicherheitsdienste ist in Italien durch den Testo unico delle leggi di pubblica sicurezza (kodifizierte Fassung der Gesetze über die öffentliche Sicherheit, im Folgenden: Testo unico) geregelt, der durch das Königliche Dekret Nr. 773 vom 18. Juni 1931 (GURI Nr. 146 vom 26. Juni 1931) erlassen wurde.

3. Artikel 133 des Testo unico sieht vor:

Öffentliche Einrichtungen, andere gemeinschaftliche Einrichtungen und Privatpersonen können private Wachleute zur Überwachung oder Bewachung ihres beweglichen oder unbeweglichen Eigentums einsetzen.

Sie können sich mit Genehmigung des Präfekten auch zusammenschließen, um solche Wachleute zur gemeinsamen Überwachung oder Bewachung dieses Eigentums einzusetzen.

4. Artikel 134 des Testo unico bestimmt:

Ohne Lizenz des Präfekten ist es Einrichtungen oder Privatpersonen untersagt, für Rechnung von Privatpersonen Dienstleistungen der Überwachung oder Bewachung von beweglichem oder unbeweglichem Eigentum zu erbringen, Untersuchungen oder Nachforschungen durchzuführen oder Informationen einzuholen.

Unbeschadet des Artikels 11 kann die Lizenz nicht an Personen erteilt werden, die nicht die italienische Staatszugehörigkeit haben, die geschäftsunfähig sind oder die wegen einer vorsätzlich begangenen Straftat verurteilt worden sind.

Die Lizenz kann nicht für Aufgaben erteilt werden, die mit der Ausübung hoheitlicher Befugnisse oder mit der Befugnis zur Beschränkung der individuellen Freiheit verbunden sind.

5. In Artikel 138 des Testo unico heißt es:

Private Wachleute müssen folgenden Anforderungen genügen:

  1. die italienische Staatsangehörigkeit besitzen;

Vorbringen der Parteien

6. Da die Kommission die italienische Regelung betreffend private Sicherheitsdienste für mit dem Gemeinschaftsrecht unvereinbar hielt, leitete sie das Vertragsverletzungsverfahren ein. Nachdem sie der Italienischen Republik Gelegenheit zur Äußerung gegeben hatte, gab die Kommission am 8. Juli 1998 eine mit Gründen versehene Stellungnahme ab, mit der dieser Mitgliedstaat aufgefordert wurde, die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um der Stellungnahme innerhalb von zwei Monaten nach ihrer Zustellung nachzukommen. Da die Kommission die Antwort der italienischen Regierung für nicht ausreichend hielt, hat sie die vorliegende Klage erhoben.

7. Die Kommission macht geltend, das Erfordernis der Staatszugehörigkeit, das allgemein in Artikel 134 und für das Sicherheitspersonal speziell in Artikel 138 des Testo unico vorgesehen sei, stelle ein Hindernis für die Freizügigkeit der Arbeitnehmer, die Niederlassungsfreiheit und die Dienstleistungsfreiheit dar, da es Arbeitnehmer, die Staatsangehörige anderer Mitgliedstaaten seien, und Unternehmen, die in anderen Mitgliedstaaten niedergelassen seien, an der Aufnahme von Täti...

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