Leitsatz
Ein Bombenfund und die damit einhergehende Evakuierung sind für Unternehmen umsatzschädlich, da sie in dieser Zeit keine Kundschaft haben. Ersatz können sie jedoch für die entgangenen Einnahmen von niemandem verlangen, da es keine entsprechende Anspruchsgrundlage gibt.
Sachverhalt
In Deutschland hat der Zweite Weltkrieg bis heute seine Spuren hinterlassen. So kommt es immer noch häufig vor, dass im Rahmen von großen Bauprojekten Bomben gefunden werden. Die Folge solch hochexplosiver Funde: Evakuierung der Bevölkerung im Umkreis und Sperrung des Gebiets bis zur Entschärfung. Für Unternehmen kann eine solche Sperrung Umsatzverluste mit sich bringen, da die Kunden in dieser Zeit ausbleiben. Ersatz forderten hierfür 4 Gastwirte, die in der Innenstadt von Koblenz Lokale betrieben. Anfang November 2007 mussten sie an einem Tag von 9 Uhr bis 15 Uhr ihre Läden schließen, weil in dieser Zeit eine 500 kg-Fliegerbombe entschärft wurde und die Behörden deshalb in einem Informationsblatt an die Bevölkerung die Evakuierung des größten Teils der Innenstadt angeordnet hatten. Die Wirte hatten an diesem Tag Einnahmeverluste in Höhe von mehreren tausend Euro. Sie wendeten sich an die Stadt, die diese Defizite ersetzen sollte. Als die Stadt sich weigerte, zogen die Wirte vor Gericht, letztlich ohne Erfolg.
Ein Amtshaftungsanspruch kam nicht in Frage, weil die Maßnahme rechtmäßig war. Auch einen Entschädigungsanspruch nach dem einschlägigen Landesgesetz über Brandschutz, die allgemeine Hilfe und den Katastrophenschutz schlossen die Richter aus, da die dort verlangten Voraussetzungen hier nicht gegeben waren. Einen Ausgleichsanspruch nach dem geltenden Polizei- und Ordnungsbehördengesetz sahen die Gerichte ebenfalls nicht: Die Evakuierung sei eine "Jedermann-Maßnahme" wie z.B. eine Straßensperre gewesen. Wenn eine solche vorliegt, besteht generell kein Ersatzanspruch. So waren die Wirte von der Evakuierung wie "Jedermann" mit den entsprechenden Folgen betroffen.
Zudem sei das Informationsschreiben der Stadt nur an natürliche Personen gerichtet gewesen, da es deren Schutz von Leib und Leben erreichen wollte. Daher sei auch gerade keine behördliche Aufforderung oder Anordnung an juristische Personen und Firmen ergangen. Die Wirte wurden durch die Maßnahme daher nicht als Nichtstörer in Anspruch genommen, wie es § 68 POG für einen Ausgleichsanspruch voraussetzt. Nach dieser Rechtsgrundlage müssen sich Maßnahmen, die entschädigungspflichtig sind, gezielt an konkrete Personen richten. Eine Allgemeinverfügung, wie es das Informationsschreiben war, erfüllt diese Voraussetzung nicht.
Link zur Entscheidung
OLG Koblenz, Urteil v. 23.9.2009, 1 U 428/09.