Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Leitsatz
Normenkette
§ 10 WEG, § 25 Abs. 5 WEG, § 43 Abs. 1 WEG, § 48 Abs. 2 WEG
Kommentar
1. Wer vor rechtlicher Invollzugsetzung einer Wohnungseigentümergemeinschaft (d. h. vor Eintragung von mindestens 2 Eigentümern in den Grundbüchern) eine Eigentumswohnung erwirbt, hat, sofern sein Eigentumsverschaffungsanspruch durch Vormerkung gesichert ist und Nutzungen, Lasten und Gefahr auf ihn übergegangen sind, in entsprechender Anwendung von § 43 Abs. 1 WEG ein Antragsrecht vor den WE-Gerichten. Dieses Recht bleibt ihm auch dann erhalten, wenn die Gemeinschaft rechtlich vollständig in Vollzug gesetzt wird (Anschluss an die Entscheidung des BayObLG, Entscheidung v. 11. 4. 1990, Az.: BReg 2 Z 7/90= BayObLG Z 1990, 101). Den Eigentumsanwärtern in sog. werdender Wohnungseigentümergemeinschaft steht also nicht nur das Stimmrecht in Versammlungen zu, sondern auch das gerichtliche Antragsrecht, da angesichts der langen Zeitspanne, die häufig bis zur rechtlichen Invollzugsetzung der Gemeinschaft vergeht, unverändert ein erhebliches praktisches Bedürfnis besteht, auf die Gemeinschaft im Gründungsstadium [nach Bauträgerteilung gemäß § 8 WEG] bereits die Vorschriften des WEG analog anzuwenden und den Rechtsweg zu den WE-Gerichten zu eröffnen. Diese Rechtsstellung als Mitglied einer werdenden Gemeinschaft geht nicht wieder dadurch verloren, dass nachfolgend die Gemeinschaft durch Eintragung des teilenden Grundstückseigentümers und eines weiteren Wohnungseigentümers im Grundbuch auch rechtlich in Vollzug gesetzt wird.
2. Ist Gegenstand der Beschlussfassung der Abschluss eines (hier: 30-jährigen) Mietvertrags über gemeinschaftliches Eigentum mit einer GmbH & Co. KG als Eigentümerin, so ist auch die persönlich haftende Gesellschafterin dieser KG (also die GmbH) nach § 25 Abs. 5 WEGnicht stimmberechtigt (wegen der engen rechtlichen und wirtschaftlichen Verflechtung mit der unmittelbar begünstigten Person). Die Verletzung des § 25 Abs. 5 WEG war im vorliegenden Fall auch kausal für die Beschlussfassung.
3. Der Geschäftswert für ein Verfahren, in dem ein Eigentümerbeschluss über den Abschluss eines Mietvertrags angefochten wird, orientiert sich an dem Jahresbetrag des vorgesehenen Mietzinses; angesichts der langen, 30-jährigen Mietdauer sei vorliegend ein Geschäftswert von etwas mehr als dem 2 jährigen Mietzins angemessen, nicht jedoch der 30-jährige Mietzins, der vom Wert her sogar die Grenze übersteige, die das Gesetz in § 25 Abs. 1 KostO und § 8 ZPO für die Bewertung von Miet- und Pachtverhältnissen von langer Dauer gezogen habe; der jährliche Mietzins als Ausgangspunkt entspreche hingegen auch der für den Gebührenstreitwert im Zivilprozess maßgeblichen Vorschrift des § 166 Abs. 1 GKG.
Link zur Entscheidung
( BayObLG, Beschluss vom 22.11.1990, BReg 2 Z 103/90)
zu Gruppe 7: Gerichtliches Verfahren