Leitsatz
Immer mehr Firmen werben mit Geburtstagen und Tradition. Einmal gibt es dem Unternehmen ein Gepräge von Zuverlässigkeit, außerdem ist es ein Anlass für Sonderverkäufe und Aktionen. Doch es muss exakt geworben werden: Das Gründungsjahr richtet sich nach der tatsächlichen Aufnahme der Wirtschaftstätigkeit und selbst eine geringfügige Abweichung kann einen Verstoß gegen wettbewerbsrechtliche Vorschriften darstellen.
Sachverhalt
Ob das Gründungsdatum eines Unternehmens falsch ist, muss grundsätzlich der Kläger beweisen. Allerdings kann auf der Grundlage von Treu und Glauben eine Beweislastumkehr in Betracht kommen, wenn der beklagte Unternehmer die Angaben zum Gründungsjahr seines Unternehmens geändert hat und die für die Beurteilung der Richtigkeit der Altersangabe maßgebliche Zeitspanne weitgehend im Dunkeln liegt.
Der Schauplatz der Auseinandersetzung war die traditionsreiche Branche der Porzellanmanufakturen. Die Adressatin einer einstweiligen Verfügung verwendete Werbematerialien und eine Bodenmarke, welche sich auf das Jahr 1762 beziehen. Bis 2006 verwendete sie aber das Jahr 1760 als Gründungsjahr. Die konkurrierende Verfügungsklägerin sah durch die Änderung eine Irreführung der Verbraucher und einen Verstoß gegen wettbewerbsrechtliche Vorschriften.
Auch das Gericht sah in der Verwendung des Jahrs 1760 eine irreführende Werbung nach § 5 Abs. 2 Nr. 3 UWG. Nach Ansicht der Richter ist die Werbung mit dem Gründungsdatum eine Angabe über die geschäftlichen Verhältnisse eines Unternehmens. Es vermittelt dem Verbraucher Erfahrung, Solidität und Wertschätzung vermitteln soll. Dies gelte vor allem auf dem Gebiet der Porzellanmanufaktur, da das Publikum Erzeugnissen aus älteren Manufakturen größere Wertschätzung entgegenbringe. Unter dem Gründungsdatum verstehe der verständige Durchschnittsverbraucher hierbei auch das Datum, in welchem das Unternehmen seine wirtschaftliche Tätigkeit aufgenommen habe.
Grundsätzlich trägt die Verfügungsklägerin die Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich der Irreführung. Ist es dem Kläger jedoch unmöglich ist, näher vorzutragen oder zu beweisen, weil es um Umstände aus dem Verantwortungsbereich des Beklagten geht, kommen Beweiserleichterungen nach dem Gebot von Treu und Glauben in Betracht. Die Beklagte hatte daher substanziiert darzulegen, warum sie ihr Gründungsjahr in 2006 entgegen der Tradition geändert hatte. Ihr obliegt hinsichtlich Umfang und Art des Produktionsbetrieb aus dem Jahr 1760 jedenfalls eine gesteigerte sekundäre Darlegungslast.
Link zur Entscheidung
OLG Jena, Urteil v. 2.4.2008, 2 U 906/07.