Leitsatz
Wer seine Unterhaltsbedürftigkeit durch falsche Angaben künstlich in die Höhe treibt, kann leicht ohne Unterhaltsanspruch aus dem Gerichtssaal gehen, weil er durch Verletzung nachehelicher Solidarität jeden Anspruch vergeben hat.
Sachverhalt
Nach einer 24-jährigen Ehe erhielt die geschiedene Ehefrau von ihrem Ex-Ehemann aufgrund gerichtlichen Vergleichs ab 1990 etwas mehr als 500 EUR Aufstockungsunterhalt monatlich. Sie hatte in der Ehezeit die beiden gemeinsamen Kinder überwiegend versorgt. Da der Ehemann ein gehobenes Einkommen erzielte, zahlte er in den folgenden 19 Jahren weiterhin Unterhalt in etwa dieser Höhe, der mehrfach durch die Gerichte angepasst wurde.
Die Gerichte gingen bei den Anpassungen davon aus, dass die Frau voll erwerbsfähig sei und selbst Geld verdienen könnte. In der Annahme, dass sie nicht erwerbstätig sei, wurden geschätzte Erwerbseinkünfte einer ungelernten Kraft von ihrem Unterhaltsanspruch abgezogen.
In 2007 erhob der Ex-Ehemann beim AG Abänderungsklage mit dem Ziel, keinen Geschiedenenunterhalt mehr zahlen zu müssen: Seine geschiedene Ehefrau habe sich im Rahmen verschiedener familiengerichtlicher Verfahren betrügerisch verhalten und habe zu ihrem Einkommen unzutreffende Angaben gemacht. Nachdem das AG seine Klage abwies, legte er Berufung ein. Das OLG änderte das amtsgerichtliche Urteil ab und stellte fest, dass der Mann der Frau seit Oktober 2007 keinen Geschiedenenunterhalt mehr schuldete.
Die Ex-Ehefrau habe trotz ausdrücklicher gerichtlicher Aufforderungen nachweislich unvollständige Angaben zu den Einkünften gemacht, die sie hätte erzielen können. Daher sei in der Vergangenheit von ihrem Unterhaltsanspruch nur die fiktiven Einkünfte einer ungelernten Arbeitskraft abgezogen worden, obwohl sie tatsächlich höhere Einkünfte zu erzielen in der Lage gewesen wäre.
Auch geschiedene Ehegatten schulden einander (nacheheliche) Solidarität. Unvollständige, fehlerhafte oder bewusst falsche Angaben zum Einkommen stellen eine diesbezügliche Pflichtverletzung und einen Prozessbetrug dar, weil sie geeignet sind, überhöhte Unterhaltsansprüche zu erwirken. Vor einem derartigen Hintergrund sei es für den Kläger unzumutbar, weiterhin Unterhalt zu zahlen. Die Unterhaltsansprüche der Frau entfielen deshalb ganz.
Link zur Entscheidung
Brandenburgisches OLG, Urteil vom 07.05.2009, 9 UF 85/08.