Leitsatz
Gegenstand des Verfahrens waren die Möglichkeiten des ein Kind allein betreuenden Elternteils, wenn der andere Elternteil unzureichend Kindesunterhalt leistet, dafür aber selbst Forderungen gegen den betreuenden Elternteil geltend macht. Die Parteien waren geschiedene Eheleute. Der Kläger betreute das Kind alleine und machte ggü. der Beklagten - seiner geschiedenen Ehefrau - Ausgleichsansprüche geltend, da er alleine in der Vergangenheit auch für den Barunterhalt des gemeinsamen Kindes aufgekommen war. Die Beklagte begehrte Prozesskostenhilfe zur Rechtsverteidigung gegen die von dem Kläger geltend gemachten Zahlungsansprüche. Gegen diese Forderung hat sie Aufrechnung mit eigenen behaupteten Ansprüchen sowie mit einer Forderung betreffend einen behaupteten Unterhaltsrückstand des Klägers ggü. dem gemeinsamen Sohn der Parteien erklärt.
Das LG hat die beantragte Prozesskostenhilfe bewilligt, soweit die Beklagte die Aufrechnung mit eigenen behaupteten Gegenforderungen erklärt hat. Abgelehnt wurde die Bewilligung wegen der zur Aufrechnung gestellten Forderung i.H.v. 1.115,00 EUR betreffend des behaupteten Unterhaltsrückstands des Klägers ggü. dem gemeinsamen Sohn der Parteien, da es insoweit an der erforderlichen Konnexität der Forderungen fehle.
Gegen diesen Beschluss wandte sich die Beklagte mit der sofortigen Beschwerde, der das LG nicht abhalf, sondern die Sache dem OLG zur Entscheidung vorlegte.
Sachverhalt
Siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Das OLG hielt die Sache für noch nicht endgültig entscheidungsreif und verwies sie zur anderweitigen Behandlung und Entscheidung an das LG zurück, soweit dort die Bewilligung von PKH i.H.v. 1.115,00 EUR versagt worden war.
Die Beklagte stelle mit ihrer sofortigen Beschwerde ersichtlich auf die Rechtsfigur des familienrechtlichen Ausgleichsanspruchs ab, wonach ein Elternteil, der ein eheliches Kind allein unterhalten habe, von dem ebenfalls unterhaltspflichtigen anderen Elternteil Ausgleich für die Vergangenheit verlangen könne. Bei diesem Anspruch handele es sich um einen eigenen Anspruch des Elternteils, der das gemeinsame eheliche Kind allein unterhalten habe. Ein solcher Anspruch scheide auch nicht allein deswegen aus, weil bereits ein Titel über den Unterhaltsanspruch des Kindes bestehe (vgl. hierzu BGH FamRZ 1989, 850 ff.).
Die Aufrechnung mit einer familienrechtlichen Forderung im Zivilrechtsstreit sei zulässig (BGH FamRZ 1996, 1067 ff.). Unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BGH in den genannten Entscheidungen sei eine Aufrechnung mit einem familienrechtlichen Ausgleichsanspruch seitens der Beklagten ggü. den von dem Kläger geltend gemachten Forderungen denkbar. Allerdings beständen Bedenken, ob nach dem bisherigen Vorbringen der Parteien tatsächlich ein solcher Ausgleichsanspruch der Beklagten bestehen könnte. Ein solcher würde voraussetzen, dass die tatsächlich erfolgten Unterhaltszahlungen des Klägers für das gemeinsame ehelich Kind der Parteien hinter dem zurückgeblieben seien, was lt. der vollstreckbaren Ausfertigung der Urkunde über die Verpflichtung zum Regelbetrag vom 15.3.2007 zu leisten gewesen sei. Es sei auch noch nicht klar, inwieweit der Umstand, dass die Düsseldorfer Tabelle in die Thüringer Leitlinien des OLG Jena aufgenommen worden sei, dazu habe führen können, dass der Kläger in weiterem Umfang Zahlungen zu erbringen gehabt hätte, als er geleistet habe. Ob tatsächlich Unterhaltsrückstände entstanden seien, die zu einem familienrechtlichen Ausgleichsanspruch geführt haben könnten, werde vom LG zu untersuchen sein.
Link zur Entscheidung
Thüringer OLG, Beschluss vom 23.04.2009, 4 W 117/09