Leitsatz
Mit der Veräußerung eines Wohnungseigentums kann das Rechtsschutzinteresse an der Anfechtung eines Eigentümerbeschlusses entfallen, wenn die Ungültigerklärung des Beschlusses für den Antragsteller keinerlei Rechtsfolgen mehr auslöst und sein Rechtsnachfolger erklärt, daß er an der Fortführung des Verfahrens kein Interesse hat.
Sachverhalt
Die Wohnungseigentümer faßten auf einer Eigentümerversammlung mehrheitlich einen Beschluß, wonach sämtliche Balkongeländer zu verkleiden seien. Diesen Beschluß hatte einer der Wohnungseigentümer angefochten. Noch vor einer gerichtlichen Entscheidung hatte dieser Wohnungseigentümer sein Sondereigentum verkauft. Ein von den Erwerbern an ihn gerichtetes Schreiben gab zu erkennen, daß zumindest diese kein Interesse an der Fortführung des Rechtsstreits hätten.
Das zuständige Amtsgericht hatte daraufhin festgestellt, daß das Verfahren in der Hauptsache erledigt sei und die Kosten gegeneinander aufgehoben. Mit sofortiger Beschwerde zum zuständigen Landgericht hatte der ehemalige Wohnungseigentümer sein Begehren weiterverfolgt, um dann - wohl nach besserer Einsicht - die Hauptsache doch noch für erledigt zu erklären. Das Gericht erlegte ihm folglich die gesamten Kosten des Verfahrens auf, wogegen sich der Eigentümer erneut wendet.
Entscheidung
Der ehemalige Wohnungseigentümer ist zu Recht mit den gesamten Kosten des Verfahrens belegt worden. Da die Erwerber seines Sondereigentums bereits im amtsgerichtlichen Verfahren erklärt hatten, an einer weiteren Rechtsverfolgung kein Interesse zu haben, war das Rechtsschutzinteresse des Verkäufers weggefallen, er hätte damit überhaupt keinen Erfolg mit seinen Rechtsmitteln in den weiteren Instanzen haben können.
Zu beachten ist in diesem Zusammenhang jedoch, daß auch der Rechtsvorgänger - also der Verkäufer - einer Eigentumswohnung sein Recht, Beschlüsse gerichtlich anfechten zu können, nicht automatisch mit dem Verkauf an die Erwerber und deren grundbuchrechtlicher Eintragung verliert. Das Zivilprozeßrecht sieht in einem solchen Fall vor, daß auch der Rechtsvorgänger nunmehr als sog. Prozeßstandschafter auch Rechte des Rechtsnachfolgers geltend machen kann. Voraussetzung hierfür ist aber, daß der Rechtsnachfolger überhaupt noch ein Interesse an der Fortführung des Rechtsstreits hat.
Dies war hier aber gerade nicht der Fall. Ganz im Gegenteil, die Erwerber hatten dem ehemaligen Wohnungseigentümer klar zu verstehen gegeben, eine weitere gerichtliche Anfechtung nicht zu wünschen. Hiermit war dann das Rechtsschutzinteresse des Veräußerers weggefallen, da der Eigentümerbeschluß für ihn selbst keine nachteiligen Folgen mehr entfalten konnte, er mithin auch nicht mehr von einer Kostenlast für die Balkonverkleidung betroffen war. Aufgrund dieser Tatsache wäre eine Sachentscheidung des Amtsgerichts nunmehr unnötig und unsinnig geworden, da sich die Hauptsache erledigt hatte.
Link zur Entscheidung
BayObLG, Beschluss vom 19.03.1998, 2Z BR 5/98
Fazit:
Das Amtsgericht hätte hier den Antrag des ehemaligen Wohnungseigentümers natürlich abweisen müssen. Die Feststellung, die Hauptsache habe sich erledigt war zwar zutreffend, der Richter hatte jedoch prozeßrechtlich zumindest einen groben Fehler begangen. Hat sich die Hauptsache nämlich tatsächlich erledigt, so muß ein Antrag zurückgewiesen bzw. im streitigen Zivilprozeß eine entsprechende Klage - kostenpflichtig! - abgewiesen werden, wenn der Antragsteller bzw. Kläger auf die veränderte Sachlage nicht entsprechend reagiert, nämlich seine Anträge dementsprechend umstellt.