Leitsatz

Allein die nicht ordnungsgemäße Führung der Beschluss-Sammlung rechtfertigt die Abberufung

 

Normenkette

§§ 24 Abs. 7 und Abs. 8, 26 Abs. 1 Satz 4 WEG; §§ 314, 626 BGB

 

Das Problem

  1. Die Wohnungseigentümer berufen in einer außerordentlichen Versammlung den Verwalter ab. Gegen diesen Beschluss geht der Verwalter vor. Er hält die genannten Gründe nicht für ausreichend und für nach § 626 Abs. 2 BGB zu spät vorgebracht.

    § 626 BGB (Fristlose Kündigung aus wichtigem Grund)

    ....

    (2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.

  2. Das Amtsgericht weist seine Klage ab. Für seine Abberufung habe es zwar eines wichtigen Grundes bedurft. Dieser habe jedoch vorgelegen. Das Regelbeispiel des § 26 Abs. 1 Satz 4 WEG sei erfüllt, da der Verwalter die Beschluss-Sammlung fehlerhaft geführt habe. Der Verwalter habe ferner gegen seine Verwalterpflichten verstoßen, als er trotz mehrfacher Aufforderung die Mängelbeseitigung in der Wohnung des Wohnungseigentümers L nicht auf die Tagesordnung der außerordentlichen Versammlung mit aufgenommen habe. L habe zwar allein das Quorum von mehr als ¼ der Wohnungseigentümer nach Köpfen nicht erreicht, aber gleichwohl gem. § 21 Abs. 4 WEG einen Anspruch darauf gehabt, dass der Tagesordnungspunkt auf der ohnehin schon anzuberaumenden außerordentlichen Eigentümerversammlung mit abgehandelt werde. Die Abberufung sei auch zeitnah i.S.d. § 314 Abs. 3 BGB erfolgt, ohne dass es auf die Einhaltung der 2-Wochen-Frist gem. § 626 Abs. 2 BGB ankomme.

    § 314 BGB (Kündigung von Dauerschuldverhältnissen aus wichtigem Grund)

    ...

    (3) Der Berechtigte kann nur innerhalb einer angemessenen Frist kündigen, nachdem er vom Kündigungsgrund Kenntnis erlangt hat.

    ...

  3. Hiergegen richtet sich die Berufung. Der Verwalter meint, seine Abberufung habe gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB) verstoßen, da er vorher weder abgemahnt noch ihm die Abwahl angedroht worden sei. Im Rahmen der Beschlussfassung seien ihm keine Gründe für die Abberufung genannt worden. Selbst wenn bei einer Kündigung Gründe nachgeschoben werden könnten, gelte dies nicht für den Beschluss einer Versammlung. Die Informationen für diesen Beschluss hätten bei der Beschlussfassung vorliegen müssen. Die Fehler der Beschluss-Sammlung seien unerheblich. Bei dem einen Beschluss handle es sich erkennbar um einen offensichtlichen Irrtum. Auch das Ergebnis des anderen Beschlusses sei ohne Weiteres unproblematisch erkennbar gewesen. Beide Ungenauigkeiten wären sehr schnell korrigierbar gewesen. Die Nichtaufnahme auf die Tagesordnung der außerordentlichen Eigentümerversammlung beinhalte keinen so schwerwiegenden Pflichtenverstoß, dass eine Beendigung der Verwaltung dadurch getragen werde.
 

Entscheidung

  1. Ohne Erfolg! Der Beschluss, den Verwalter abzuberufen, entspreche ordnungsmäßiger Verwaltung. Der für die sofortige Abberufung erforderliche wichtige Grund ergebe sich entgegen der Auffassung des Amtsgerichts allerdings nur daraus, dass der Verwalter die Beschluss-Sammlung nicht ordnungsgemäß geführt habe (§ 26 Abs. 1 Satz 4 WEG).
  2. Die Kammer teile die Auffassung des Amtsgerichts, dass die Wirksamkeit des Abberufungsbeschlusses davon abhänge, ob ein wichtiger Grund zur sofortigen Abberufung des Verwalters bestand. Zwar sei nicht ersichtlich, dass die Teilungserklärung oder eine sonstige Vereinbarung die vorzeitige Abberufung des Verwalters auf das Bestehen eines wichtigen Grundes beschränkten. Auch enthalten weder der Verwaltervertrag eine derartige Regelung noch lasse sich dem Bestellungsbeschluss eine Einschränkung entnehmen. Eine Beschränkung der Abberufung des Verwalters auf das Vorliegen eines wichtigen Grundes ergebe sich jedoch auch dann, wenn der Verwalter – wie hier – für einen festen Zeitraum bestellt worden sei.
  3. Ein wichtiger Grund gegen die Bestellung des Verwalters sei gegeben, wenn den Wohnungseigentümern unter Berücksichtigung aller, nicht notwendig vom Verwalter verschuldeter Umstände nach Treu und Glauben eine Fortsetzung der Zusammenarbeit mit dem Verwalter nicht mehr zugemutet werden kann und deshalb das erforderliche Vertrauensverhältnis zerstört sei (BGH v. 20.6.2002, V ZB 39/01, NZM 2002 S. 788, 790). Ein wichtiger Grund bestehe unter anderem, wenn der Verwalter Insolvenzantrag stellen muss oder sonst in Vermögensverfall gerät. Zudem liege ein wichtiger Grund zur Abberufung des Verwalters gem. § 26 Abs. 1 Satz 4 WEG regelmäßig vor, wenn der Verwalter entgegen seiner Pflicht gem. § 26 Abs. 2 Satz 1 WEG die Beschluss-Sammlung nicht ordnungsgemäß führe.
  4. Dass der Verwalter in Vermögensverfall geraten wäre oder dies konkret drohte, sei nicht ersichtlich. Seine sofortige Abberufung könne auch nicht darauf gestützt werden, dass er dem Begehren des Wohnungseigentümers L nicht nachgekommen sei. Bei der Versammlung habe...

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