Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Leitsatz
Keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei Rechtsbeschwerdeeinlegung durch einen Anwalt beim unzuständigen Gericht (Anwaltsverschulden)
Auf das Fehlen einer Rechtsmittelbelehrung kann sich ein Rechtsanwalt nicht berufen
Verpflichtende Teilnahme am Bankeinzug? (str.)
Normenkette
§ 43 Abs. 1 WEG, § 22 FGG, § 199 Abs. 1 FGG
Kommentar
1. Wird ein bei bayerischen Gerichten zugelassener Rechtsanwalt am letzten Tag der Rechtsbeschwerdefrist beauftragt, gegen einen Beschluss des LG ein Rechtsmittel einzulegen und ergibt sich aus der telefonischen Information durch den Beteiligten (seine Mandantschaft), dass der Beschluss in einer Wohnungseigentumssache ergangen ist ("wegen WEG"), so beruht die Einlegung der sofortigen weiteren Beschwerde bei einem Oberlandesgericht und die dadurch verursachte Fristversäumung auf einem Verschulden des Vertreters (des Anwalts); eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist hier ausgeschlossen. In Bayern tritt nämlich in WE- Sachen anstelle des Oberlandesgerichts das Bayerische Oberste Landesgericht als zuständiges Rechtsbeschwerdegericht. Da hier die anwaltlich per Fax eingelegte Beschwerde erst am letzten Tag der Beschwerdefrist beim unzuständigen OLG eingegangen ist, war auch eine Weiterleitung noch innerhalb der Frist im ordentlichen Geschäftsgang nicht zu erwarten, wenn nicht gar unmöglich (vgl. Bundesverfassungsgericht, NJW 95, 3173/3175; BGH, NJW-RR 1998, 354 m.w.N.). Bei pflichtgemäßem Verhalten des Anwalts wäre dieser in der Lage gewesen, die sofortige weitere Beschwerde noch innerhalb der Frist beim zuständigen Gericht (AG, LG oder BayObLG) einzulegen.
2. Auch auf das Fehlen einer Rechtsmittelbelehrung kann sich ein Rechtsanwalt nicht berufen. Es kann auf sich beruhen, wie sich das Fehlen einer gesetzlich in Wohnungseigentumssachen nicht vorgeschriebenen Belehrung im Hinblick auf die neuere Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Beschluss vom 20. 6. 1995, BVerfGE 93, 99, vgl. auch Demharter, FGPrax 1995, 217) in diesem Zusammenhang auswirkt (vgl. auch BayObLG, Beschluss vom 2. 12. 1999, Az.: 2Z BR 161/99). Denn die Versäumung der Frist für die sofortige weitere Beschwerde beruht hier nicht auf einer unterlassenen Rechtsmittelbelehrung, sondern auf dem Verschulden des Verfahrensbevollmächtigten und Vertreters der Antragsgegnerin, das sich diese gem. § 22 Abs. 2 Satz 2 FGG zurechnen lassen muss.
3. Auch außergerichtliche Kostenerstattung im Rechtsbeschwerdeverfahren bei Geschäftswert für diese Instanz von DM 2.000,-.
4. In der Sache ging es um die sicher interessante Frage, ob ein Eigentümer nach bestandskräftiger Beschlussfassung zur Teilnahme aller Eigentümer am Bankeinzugsverfahren in einem separaten Streitverfahren erfolgreich verpflichtet werden könne, dem Verwalter Bankeinzugsermächtigung für fällige Wohngeld-Vorauszahlungen, Nachzahlungen aus Abrechnungen und Sonderumlagen mit der Maßgabe zu erteilen, dass der Einzug nur zu Gunsten eines auf den Namen der Gemeinschaft selbst lautenden Kontos erfolgen dürfe. Das AG Erlangen hat hier in dieser Sache mit Beschluss vom 22. 2. 1999 den Antrag abgewiesen. Auf die sofortige Beschwerde der Antragsteller hat das LG Nürnberg-Fürth mit Beschlussentscheidung vom 28. 6. 1999 die amtsgerichtliche Entscheidung aufgehoben und den Antragsgegner antragsgemäß verpflichtet. Die Rechtsbeschwerde hiergegen wurde - wie erwähnt - als unzulässig verworfen, der Wiedereinsetzungsantrag i.Ü. zurückgewiesen.
Link zur Entscheidung
( BayObLG, Beschluss vom 14.12.1999, 2Z BR 153/99)
zu Gruppe 7: Gerichtliches Verfahren