Leitsatz
- Die Vermietung eines Gebäudes, das aus Fertigteilen errichtet wird, die so in das Erdreich eingelassen werden, dass sie weder leicht demontiert noch leicht versetzt werden können, stellt die Vermietung eines Grundstücks i.S.v. Art. 13 Teil B Buchst. b der 6. EG-Richtlinie dar, auch wenn dieses Gebäude nach Beendigung des Mietvertrags entfernt und auf einem anderen Grundstück wieder verwendet werden soll.
- Für die Beantwortung der Frage, ob es sich bei einer Vermietung um die Vermietung eines Grundstücks i.S.v. Art. 13 Teil B Buchst. b der 6. EG-Richtlinie handelt, kommt es nicht darauf an, ob der Vermieter dem Mieter das Grundstück und das Gebäude oder nur das Gebäude überlässt, das er auf dem Grundstück des Mieters errichtet hat.
Sachverhalt
Ein Unternehmer vermietete dem Freistaat Bayern Gemeinschaftsunterkünfte zur vorläufigen Unterbringung von Asylbewerbern. Sie befanden sich z. T. auf einem Grundstück, das der Unternehmer gemietet hatte und z. T. auf einem Grundstück des Freistaats. In beiden Fällen waren die Grundstücke nach Vertragsablauf vollständig geräumt zurückzugeben. Vertragsdauer war jeweils mindestens fünf Jahre. Die Unterkünfte waren aus Fertigteilen errichtet. Der Unternehmer erklärte eine nach § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG steuerfreie Grundstücksvermietung, das Finanzamt nahm hingegen eine steuerpflichtige Vermietung von Gebäuden als sog. Scheinbestandteile i.S.v. § 95 BGB an.
Konsequenzen für die Praxis
Auch Fertigteil-Gebäude (wie in der EuGH-Antwort Nr. 1 beschrieben) sind "Grundstücke" i.S.v. § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG.
Aufgrund der o.g. Antwort des EuGH kann für die Auslegung der Grundstücksvermietung nach § 4 Nr. 12 UStG nicht mehr ausschlaggebend auf den bürgerlich-rechtlichen Grundstücksbegriff mit den Ausnahmen und Ergänzungen zurückgegriffen werden, auch wenn in vielen Fällen die gemeinschaftsrechtlich gebotene Auslegung der entsprechenden "eigenständigen Begriffe des Gemeinschaftsrechts" zu vergleichbaren Ergebnissen kommt. Im Streitfall konnte das Ergebnis allerdings aufgrund der nationalen zivilrechtlichen Grundstücksregelung abweichen.
Diese Abkoppelung vom nationalen Bezugsrecht und die Notwendigkeit, die gemeinschaftsrechtlich vorgegebenen Begriffe des UStG gemeinschaftsrechtlich zu definieren, führt zunächst zu einer gewissen Rechtsunsicherheit.
Link zur Entscheidung
EuGH, Urteil vom 16.01.2003, C-315/00