Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Normenkette
§ 256 ZPO, § 254 BGB
Kommentar
1. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein künftiger Schaden eintritt, gehört zur materiellen Begründetheit einer Klage auf Feststellung der Verpflichtung, einen künftig noch entstehenden Schaden zu ersetzen, während für die Zulässigkeit die Möglichkeit eines künftigen Schadens genügt.
2. Ein Eigentümer hatte in seiner Wohnung eine tragende Wand entfernt und zwei Stahlträger eingezogen. Als Folge hiervon zeigten sich in der darüberliegenden Wohnung des Antragstellers Risse in der Wand; ferner schlossen die Türen nicht mehr. Für die Beseitigung dieser Schäden zahlte der Antragsteller einen Betrag von knapp DM 4.000,-; in der Folgezeit traten jedoch die gleichen Schäden wieder auf. Zunächst beantragte der Antragsteller Zahlung der knapp DM 4.000,- verauslagter Kosten und erweiterte dann später seinen Antrag, den Antragsgegner auch zu verpflichten, durch geeignete bauliche Maßnahmen das Auftreten weiterer Schäden zu verhindern. Im Anschluss daran erweiterte der Antragsteller nochmal seinen Zahlungsantrag auf Verpflichtung zur Zahlung eines weiteren Betrages von etwas mehr als DM 2.000,-, verbunden mit dem neuerlichen Feststellungsantrag, dass der Antragsgegner verpflichtet sei, jeden weiteren, durch die Senkung der Decke entstandenen Schaden zu ersetzen.
3. Die Rechtsbeschwerde des Streithelfers (Rechtsnachfolgers) des Antragsgegners hatte Erfolg und führte zur Aufhebung der Entscheidung des LG und zur Zurückverweisung der Sache an das LG.
Ohne Erfolg machte der Rechtsbeschwerdeführer einen Verstoß des Antragstellers gegen seine Schadensminderungspflicht geltend ( § 254 BGB). Der Antragsteller dürfte die nach Entfernung der Wand in seiner Wohnung aufgetretenen Schäden im Folgejahr auch dann beseitigen lassen, wenn unterstellt werde, dass er davon ausgehen musste, die Schäden würden wieder auftreten, weil die Schadensursache nicht endgültig beseitigt worden sei. Gerade die Schadensminderungspflicht des Antragstellers gegenüber dem Antragsgegner habe eine umgehende Schadensbeseitigung geboten, um einer denkbaren Mietminderung vorzubeugen, die möglicherweise einen noch höheren Schaden verursacht hätte. Die angestrebte Kürzung des Betrages lasse sich auch nicht mit einem Abzug neu für alt rechtfertigen. Allerdings wollte der Streithelfer des Antragsgegners den geltend gemachten Schadensersatzanspruch wegen ersparter Aufwendungen des Antragstellers gekürzt wissen. Der Antragsteller hätte in seiner Wohnung seit Beseitigung der Schäden ohnehin Schönheitsreparaturen (Streichen der Wände und möglicherweise auch der Türen) vornehmen müssen und sich hierfür Aufwendungen erspart. Eine solche Ersparnis hätte das LG nicht als eine völlig unbedeutende unberücksichtigt lassen dürfen. Ggf. hätte es zur Feststellung, ob und in welcher Höhe eine Ersparnis eintrete, ein Sachverständigengutachten einholen müssen.
Das Landgericht sei ersichtlich ohne weiteres davon ausgegangen, dass Gegenstand des Ausspruches künftig entstehende Schäden seien, obwohl der Antrag einschl. seiner Begründung ebenso wie der Wortlaut des Entscheidungssatzes auf die weiteren bereits "entstandenen" Schäden abstelle. Bei einem Antrag festzustellen, dass auch alle künftig als Folge des Schadensereignisses noch auftretenden Schäden zu ersetzen seien ( § 256 ZPO), gehöre die große Wahrscheinlichkeit einer weiteren Schadensentstehung zur materiellen Begründetheit der Klage; die erforderliche Wahrscheinlichkeit sei keine bloße Prozessvoraussetzung; ihr Fehlen führe daher nicht zur Unzulässigkeit der Feststellungsklage, sondern zu ihrer Unbegründetheit (BGH, NJW 1972, 198). Das Landgericht hätte dem Einwand nachgehen müssen, die Schadensursache sei nunmehr dadurch behoben, dass ausreichend starke Träger eingezogen worden seien; damit sei es ausgeschlossen, dass künftig noch Schäden eintreten könnten. Weil die Begründetheit des Feststellungsantrages die Feststellung voraussetze, dass ein weiterer Schadenseintritt wahrscheinlich sei, hätte durch ein Sachverständigengutachten die streitige Frage geklärt werden müssen, ob die Schadensursache abschließend und endgültig beseitigt sei.
Link zur Entscheidung
( BayObLG, Beschluss vom 05.09.1991, BReg 2 Z 83/91)
zu Gruppe 6: Baurechtliche und bautechnische Fragen; Baumängel