Der BGH hob einen Beschluss des OLG Brandenburg auf, da die Anhörung des Kindes in der zweiten Instanz unterlassen worden war, obwohl es sich um eine für das Kind weitreichende Entscheidung handelte. Es sollte nämlich seinen Aufenthalt von der Mutter in Deutschland zum Vater nach Frankreich ändern.
Auch das Kammergericht entschied, dass es dem verfassungsrechtlichen Gebot auf Selbstbestimmung eines Kindes entspreche, seinen Willen zu berücksichtigen, soweit es mit seinem Wohl zu vereinbaren sei. Auch das OLG Saarbrücken bestätigt, dass ein fast 13-jähriges Kind, ein zunehmendes Bedürfnis nach Selbstbestimmung habe. Wenn der klare, ernsthafte, subjektiv beachtliche oder verständliche Wunsch des Kindes missachtet werde, so beeinträchtige dies sein Selbstwertgefühl stark, was seine Persönlichkeitsentwicklung gefährden könne.
Das KG hatte über den Kindeswillen eines 8-Jährigen zu befinden. Hier wurde immerhin ein noch eher verhaltenes Recht zur Selbstbestimmung bejaht.
Nach Kammergericht kommen dem Kindeswillen in aller Regel zweierlei Funktionen zu: Zum einen könne ihm entnommen werden, zu welchem Elternteil das Kind die stärkere Bindung habe und zum anderen diene der Kindeswillen der Selbstbestimmung des Kindes. Hier sei das Alter entscheidend; je älter das Kind sei, desto mehr tritt die zweite Funktion in den Vordergrund. Einen entscheidenden Einfluss hat nach OLG Köln der klar geäußerte Wille des Kindes nach dem Tod der Mutter bei der Bestellung seines Vormundes. Die Tante wurde zum Vormund bestellt und nicht der nicht sorgeberechtigte nichteheliche Vater. Dieser habe zwar sein Elternrecht aus Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG, dies sei aber gegen die Grundrechtsposition des Kindes aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG abzuwägen. Die Sorgerechtsentscheidung habe nämlich entscheidenden Einfluss auf das weitere Leben des Kindes. In der Entscheidung OLG Thüringen wird ausgeführt, dass vom Sachverständigen der kindliche Wille in der Regel in zwei unterschiedlichen Settings bewertet werden müsse. Diese Termine sollen nicht in unmittelbar zeitlicher Nähe zueinander stattfinden, damit das Kind auch Gelegenheit zu widersprüchlichen Äußerungen habe, die es unter Umständen dann vermeide, wenn die Erinnerung an das letzte Gespräch noch gegenwärtig sei. Nur so könne festgestellt werden, ob der kindliche Wille hinsichtlich der Aspekte Autonomie, Intensität, Stabilität und Zielorientiertheit selbstbestimmt gefasst wurde. Das OLG Bamberg weist darauf hin, dass nur noch bei einfachen Sachverhalten im Sorge- und Umgangsverfahren Entscheidungen ohne Sachverständigenuntersuchung möglich seien.
Entscheidungen ergingen auch zum Verbleib von Kindern/Jugendlichen in Pflegefamilien. Hier rechtfertige der Wille eines 15-jährigen Jugendlichen, der seit vielen Jahren in einer Pflegefamilie untergebracht sei, nicht eine bestehende Verbleibungsanordnung allein aufgrund seines geäußerten Willens. In einer Entscheidung des OLG Frankfurt kam eine Rückführung in die Ursprungsfamilie nicht mehr in Betracht, da mit überwiegender Wahrscheinlichkeit nicht ausgeschlossen werden konnte, dass die Trennung des Kindes von seinen Pflegeeltern psychische oder physische Schädigungen nach sich ziehen könne.