Auch die Einholung eines Sachverständigengutachtens oder die Augenscheinnahme kommen im Verfahren nach § 485 Abs. 1 ZPO in Betracht, wenn zum Beispiel der Verlust oder die Veräußerung einer Sache droht. An die Zulässigkeit des Verfahrens ist ein großzügiger Maßstab anzulegen, da der Antragsgegner kein rechtlich schützenswertes Interesse an der Verhinderung oder Erschwerung einer Beweisaufnahme hat. Deshalb sind Verlust und Erschwernis der Beweismittel Augenschein und Sachverständigengutachten schon dann zu besorgen, wenn die zu besichtigende oder zu begutachtende Sache unterzugehen oder verändert zu werden droht. Hat der Antragsteller keine Möglichkeit, die Veränderung oder den Untergang des Beweismittels zu verhindern, ist das selbstständige Beweisverfahren ohne weitere Voraussetzung zulässig. Es ist aber auch zulässig, wenn der Antragsteller selbst die Veränderung vornehmen, z.B. die in den Zugewinn fallende Immobilie sanieren oder umbauen möchte. Es können ja Renovierungen anstehen, oder der Auszug eines Ehegatten lässt die eheliche Immobilie "zu groß" für den in ihr Verbliebenen werden, so dass eine Aufteilung der Wohnung in einen selbst genutzten und einen vermieteten Teil ansteht. Umgekehrt sind Fälle denkbar, in denen der ausgezogene Ehegatte Anlass zur Befürchtung hat, der andere Ehegatte lasse die gemeinsame Immobilie verkommen, so dass eine Wertminderung droht.
Auch die bevorstehende Veräußerung einer Sache oder eines Unternehmens kann ein selbstständiges Beweisverfahren rechtfertigen. Dagegen reicht es für die Zulässigkeit nicht aus, dass dem antragstellenden Beteiligten Kostennachteile entstehen könnten, wenn erst im Streitverfahren ein Sachverständigengutachten eingeholt wird und deshalb die Gefahr besteht, dass er mit seinen Anträgen teilweise unterliegt und Kostenerstattungsansprüchen des Antragsgegners ausgesetzt ist.
Eine Unternehmens- oder Grundstücksbewertung im selbstständigen Beweisverfahren erfolgt in der Regel mit Blick auf den Zugewinnausgleich. Denkbar ist auf diesem Wege aber auch eine Beweissicherung hinsichtlich des Einkommens eines Selbstständigen oder des (objektiven) Wohnwerts einer Immobilie, wenn Veränderungen drohen, die die spätere Beweisführung erschweren könnten. Denn unter den Begriff "Wert" einer Sache lässt sich zwanglos auch der Ertragswert (Mietwert) subsumieren, so dass im selbstständigen Beweisverfahren auch die ortsübliche Vergleichsmiete ermittelt werden kann.
Außerdem formuliert § 485 Abs. 2 Nr. 1 ZPO auch die Möglichkeit, über den "Zustand einer Person" Beweis zu erheben. Das kann nach Ansicht des OLG Celle auch die Berufsunfähigkeit sein. Man könnte dies z.B. im Unterhaltsverfahren nutzen, um über die (vorübergehende) Erwerbsunfähigkeit eines in Behandlung befindlichen Unterhaltsgläubigers oder auch -schuldners Beweis zu erheben.