BGH, Beschl. v. 29.9.2021 – XII ZB 309/21
a) Kollisionsrechtlich ist eine Eheschließung durch einen Vertreter nur dann als reine Formfrage zu qualifizieren, wenn es sich um eine Stellvertretung lediglich in der Erklärung handelt, bei der der Vollmachtgeber die Eheschließung sowie den konkreten Ehepartner nach eigenem Willen bestimmt hat. Demgegenüber würde eine Stellvertretung im Willen, die dem Vertreter eine eigene Entscheidungsbefugnis bezüglich der Eheschließung oder der Wahl des Ehepartners einräumt, auch die materiellen Voraussetzungen der Eheschließung berühren und wäre nach dem für Deutsche geltenden Heimatrecht unzulässig.
b) Die Eheschließung im Ausland im Wege doppelter Stellvertretung verstößt nicht gegen den deutschen ordre public.
OLG München, Urt. v. 23.6.2021 – 20 U 6587/20
Internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte für die Geltendmachung von Aufwendungsersatzansprüchen des vorsorgebevollmächtigten Sohnes gegen seine prozessunfähige in Spanien lebende Mutter.
OLG Frankfurt/M., Beschl. v. 22.11.2021 – 28 VA 1/21
1. Die nach kanadischem Recht mögliche Zustellung verfahrenseinleitender Schriftstücke als pdf-Anhang einer WhatsApp-Nachricht erfüllt nicht die Wirksamkeitsvoraussetzungen nach Art. 5 Abs. 1 des im Verhältnis zwischen Deutschland und Kanada anwendbaren Haager Übereinkommens über die Zustellung von Schriftstücken im Ausland (HZÜ). Die Frage, ob die in Art. 10 lit. a) HZÜ vorgesehene Zustellungsform per Post auch eine Zustellung per WhatsApp umfasst, kann dahinstehen, weil Deutschland bei Ratifizierung des Vertrags insoweit von seinem ihm eingeräumten Widerspruchsrecht Gebrauch gemacht hat, diese Norm bei Zustellungen ins Inland also gerade nicht zur Anwendung gelangt. Damit scheitert eine Anerkennung eines auf die fehlerhafte Zustellung ergangenen kanadischen Scheidungsurteils an dem Anerkennungshindernis des § 109 Abs. 1 Nr. 2 FamFG.
2. Für die Bejahung der Anerkennungsfähigkeit des kanadischen Scheidungsurteils reicht es auch nicht aus, dass der Antragsgegnerin infolge der noch rechtzeitig erfolgten Mitteilung der Antragsschrift eine Rechtswahrnehmung in Kanada möglich gewesen wäre, der Zustellungsfehler dafür also ohne Bedeutung war. Denn die Anerkennung erfordert zwingend nicht nur eine rechtzeitige, sondern auch eine ordnungsgemäße Zustellung (vgl. BGH FamRZ 2019, 996; OLG Stuttgart FamRZ 2017, 1518; OLG Bremen FamRZ 2013, 808).
3. Schließlich kann der Antragsgegnerin die Berufung auf das Anerkennungshindernis des § 109 Abs. 1 Nr. 2 FamFG auch nicht deshalb verwehrt werden, weil sie einen nach der kanadischen Verfahrensordnung möglicherweise zulässigen Rechtsbehelf gegen das Scheidungsurteil nicht eingelegt oder weil sie inzwischen selbst in Deutschland ein Scheidungsverfahren eingeleitet hat (vgl. BGH FamRZ 2019, 996).
OLG Nürnberg, Beschl. v. 25.10.2021 – 7 UF 829/21
Zu den Bestimmungen des Rechts des Bundesstaates Kentucky/USA zum Sorgerecht bei unverheirateten Eltern und deren Auslegung im Lichte der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs der USA.
OLG Nürnberg, Beschl. v. 3.11.2021 – 7 UF 840/21
1. Die Einreichung der Beschwerdebegründung nach § 40 Abs. 2 S. 2 IntFamRVG kann sowohl beim Amtsgericht als auch beim Beschwerdegericht erfolgen.
2. Die Zustimmung zu einem auf Dauer angelegten Aufenthaltswechsel der Kinder gem. Art. 13 Abs. 1 lit a) HKÜ kann auch längere Zeit im Voraus für einen erst in der Zukunft geplanten Wegzug gegeben werden.
Autor: Gabriele Ey, Vorsitzende Richterin am OLG a.D., Bonn
FF 1/2022, S. 41 - 44