Unterhalt

OLG Bremen, Beschl. v. 19.10.2021 – 4 UF 59/21

1. Die Eltern schulden ihrem Kind Unterhalt für eine Berufsausbildung, die der Begabung und den Fähigkeiten, dem Leistungswillen und den beachtenswerten Neigungen des Kindes am besten entspricht und sich dabei in den Grenzen ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit hält.

2. In den Fällen, in denen nach einem Realschulabschluss zunächst eine Lehre, dann die Fachoberschule und später die Fachhochschule absolviert wird ("Realschul-Lehre-Fachoberschule-Fachhochschul-Fälle"), ist jedenfalls dann von einer einheitlichen, von den Eltern zu finanzierenden Berufsausbildung auszugehen, wenn schon bei Beginn der praktischen Ausbildung erkennbar eine Weiterbildung einschließlich des späteren Studiums angestrebt wurde.

3. Der enge zeitliche Zusammenhang zwischen den einzelnen Ausbildungsstufen erfordert zwar, dass der Auszubildende nach dem Abschluss einer Ausbildungsstufe die nächste Ausbildungsstufe mit der gebotenen Zielstrebigkeit aufnimmt. Der enge zeitliche Zusammenhang kann aber auch dann gewahrt sein, wenn die Zeit zwischen zwei Ausbildungsstufen auf zwangsläufige, dem Kind nicht anzulastende Umstände zurückzuführen ist, z.B. auf Entwicklungsstörungen infolge von familiären Schwierigkeiten oder bei leichterem, nur vorübergehendem Versagen des Kindes (hier: zwischenzeitlicher Abbruch der Fachoberschule aufgrund familiärer Konflikte).

OLG Dresden, Beschl. v. 30.9.2021 – 20 UF 421/21

Die nach der Rechtsprechung des BGH (FamRZ 2014, 917 Rn 14 f.) maßgeblichen Voraussetzungen für ein paritätisches Wechselmodell liegen nicht vor, wenn das Kind von einem Elternteil mit einem zeitlichen Anteil von 45 % betreut wird.

OLG Köln, Beschl. v. 5.11.2020 – 10 UF 86/20

1. Ein Verschweigen der möglichen Vaterschaft eines anderen Mannes stellt ein offensichtlich schwerwiegendes Fehlverhalten dar, welches eine Verwirkung von Ansprüchen begründen kann, ohne dass die Anfechtung der Vaterschaft hierfür Voraussetzung wäre (im Anschluss an BGH FamRZ 2012, 779 m. Anm. Löhnig).

2. Erforderlich ist aber ein vorsätzliches Verschweigen, was nicht angenommen werden kann, wenn beide Ehegatten schon bei der Schwangerschaft mit der Möglichkeit einer Fremdvaterschaft rechnen.

3. Der Ansatz eines Erwerbstätigenbonus zugunsten des Unterhaltsschuldners kann bei beengten finanziellen Verhältnissen des Unterhaltsberechtigten entfallen, insbesondere wenn der Unterhalt sonst nicht ausreicht, um das Existenzminimum zu bestreiten.

Zugewinnausgleich

OLG Celle, Beschl. v. 8.6.2021 – 10 UF 222/20

1. Die wechselseitigen Ansprüche der Ehegatten auf Zugewinnausgleich sind sowohl nach allgemeinen Regeln als auch nach dem Verständnis der konkreten Ansprüche aus dem Güterrecht rechtlich jeweils selbstständig zu beurteilen und können insbesondere auch hinsichtlich ihrer Verjährung ein grundsätzlich selbstständiges Schicksal haben. Insoweit kommt eine Hemmung der Verjährung des Leistungsanspruchs des einen Ehegatten aufgrund der früheren gerichtlichen Geltendmachung des gegenläufigen Leistungsanspruchs des anderen Ehegatten nicht in Betracht.

2. Verhandlungen im Sinne des § 203 S. 1 BGB sind anzunehmen, wenn der Gläubiger klarstellt, dass er einen Anspruch geltend machen und worauf er ihn stützen will, und sich zum anderen hieran ein ernsthafter Meinungsaustausch anschließt. Dies ist nicht der Fall, wenn ein derartiger Anspruch vom Schuldner rundweg und abschließend abgelehnt wird, ohne dass sich insofern für den Gläubiger Anhaltspunkte dafür ergeben konnten, dass eine in einem früheren Austausch abschließend geklärte und nunmehr lediglich noch einmal wiederholte Position zur Frage eines Zugewinnausgleichsanspruches weiter verhandelbar sein könnte.

Betreuung und Unterbringung

BVerfG, Nichtannahmebeschl. v. 2.11.2021 – 1 BvR 1575/18

1. Auch vor der Erhebung von Rechtssatzverfassungsbeschwerden – hier: gegen § 1906a Abs. 1 S. 1 Nr. 7 BGB – sind nach dem Grundsatz der Subsidiarität grundsätzlich alle Mittel zu ergreifen, die der geltend gemachten Grundrechtsverletzung abhelfen können. Damit soll erreicht werden, dass das Bundesverfassungsgericht nicht auf ungesicherter Tatsachen- und Rechtsgrundlage weitreichende Entscheidungen treffen muss, sondern zunächst die für die Auslegung und Anwendung des einfachen Rechts primär zuständigen Fachgerichte die Sach- und Rechtslage vor einer Anrufung des Bundesverfassungsgerichts aufgearbeitet haben (vgl. BVerfGE 79, 1 <20>; 123, 148 <172>; 143, 246 <321 Rn 209>; 150, 309 <326 Rn 42>; st.Rspr.).

2. § 1906a BGB enthält Auslegungsspielräume, zu denen sich noch keine eindeutige fachgerichtliche, zumal höchstrichterliche Rechtsprechung herausgebildet hat. Es steht daher zu erwarten, dass erst eine (weitere) fachgerichtliche Klärung dem Bundesverfassungsgericht eine gesicherte Entscheidungsgrundlage in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht ermöglichen wird.

3. Durch die gesetzlich vorgesehene Evaluierung ist eine weitere fachliche und rechtliche Klärung zu erwarten, welche die sachliche Entscheidungsgrundlage für das Bundesverfassungsgericht verbess...

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