Einführung
Der Verfasser hat in den Jahren 2002 und 2009 Ausführungen zum Vereinfachten Verfahren über den Unterhalt Minderjähriger (VV) gemacht. Seitdem sind weitere 12 Jahre vergangen, sodass es nunmehr notwendig ist, die zu diesem Thema ergangene Rechtsprechung erneut auszuwerten. Dieses Vorhaben erfolgt auch im Hinblick darauf, dass das VV zwischenzeitlich einer Gesetzesänderung unterlag. Seit dem 1.1.2017 sind die durch das Gesetz zur Änderung des Unterhaltsrechts sowie zur Änderung der Zivilprozessordnung und kostenrechtlicher Vorschriften vom 25.11.2015 eingeführten Neuerungen für das VV in Kraft getreten. Dadurch sind die rechtlichen Grundlagen im Hinblick auf das VV überarbeitet und neu geregelt worden. Insbesondere besteht für den Antragsgegner die Möglichkeit, dass er aufgrund des Wegfalls des strengen Formularzwangs nunmehr Einwendungen erleichtert erheben kann.
I. Sinn und Zweck des VV
Sinn und Zweck des VV ist es, dem minderjährigen Kind möglichst einfach, rasch und kostengünstig im Interesse der Sicherung seines laufenden Bedarfs einen Titel über den Kindesunterhalt durch den Rechtspfleger (nicht den Richter) zu verschaffen. Dies wird durch strenge Förmlichkeit des Verfahrens erreicht. Bei dem VV handelt sich um ein summarisches Verfahren, dessen Ziel es nicht ist, den Grad der Leistungsfähigkeit des Unterhaltsschuldners zu prüfen, sondern in den dafür geeigneten Fällen eine schnelle Entscheidung zu ermöglichen, der die in rechter Form erhobenen Einwendungen nur auf ihre Zulässigkeit, nicht jedoch auf ihre Begründetheit zu prüfen. Das VV ist kein Ermittlungsverfahren. Der Rechtspfleger prüft die Angaben des Antragstellers nicht auf ihre tatsächliche Richtigkeit. Solange der Antragsgegner keine Einwände erhebt, werden die Angaben des Antragstellers als richtig unterstellt. Sinn und Zweck der Vorschrift des 249 Abs. 2 FamFG besteht in der Verhinderung einer Doppeltitulierung.
II. Voraussetzungen
1. Antrag
Nach wie vor erfolgt die Einleitung des VV nach den §§ 249 ff. FamFG nur durch einen Antrag. Die Antragstellung erfolgt mittels eines Antragsformulars, das Herrmann ihrem Aufsatz nebst dem dazu gehörenden Merkblatt beigefügt hat. Ein Vordruckzwang besteht nicht mehr. An die Stelle des strengen Einwendungsformulars tritt nunmehr das fakultativ zu verwendende Datenblatt für Einwendungen gegen den Antrag auf Festsetzung von Unterhalt nebst einem Hinweisblatt für die Einwendungen des Antragsgegners im VV, in dem die wesentlichen Angaben nach § 252 FamFG abgefragt werden. Der Fall der absoluten Leistungsunfähigkeit des Schuldners kann formlos vorgetragen werden. Denn in diesem Fall läge ein überflüssiger Formalismus vor, wenn die absolute Leistungsunfähigkeit ausschließlich durch Ankreuzen des Kästchens "C" auf dem Datenblatt für Einwendungen gegen den Antrag auf Festsetzung von Unterhalt geltend gemacht werden müsste. Es ist daher nicht schädlich, wenn der in Anspruch genommene Elternteil den Abschnitt "C" im Datenblatt nicht ausdrücklich in dem Sinn beantwortet, zur Leistung von Unterhalt in Höhe von "0 EUR" bereit zu sein. Allerdings ist in diesem Fall zu beachten, dass der Einwand der absoluten Leistungsunfähigkeit gemäß § 252 Abs. 2 FamFG nur berücksichtigt werden kann, wenn der Antragsgegner unter Verwendung des zweiseitigen Datenblattes für Einwendungen gegen den Antrag auf Festsetzung von Unterhalt zugleich Auskunft über seine Einkünfte und sein Vermögen erteilt und über seine Einkünfte Bescheinigungen bzw. Belege für die letzten zwölf Monate beifügt, § 252 Abs. 4 S. 1 FamFG.
Wendet sich der in Anspruch genommene Unterhaltsschuldner an das Amtsgericht, um dort die von ihm verlangten Erklärungen abzugeben, ist diese Stelle nach § 257 Satz 1 FamFG verpflichtet, die amtlich eingeführten Datenblätter selbst auszufüllen. Etwaige Mängel beim Ausfüllen dieser Unterlagen können dem Unterhaltsschuldner nicht entgegengehalten werden. Denn der zuständige Urkundsbeamte ist verpflichtet, "das … zu verwendende amtliche Formular in allen Punkten so auszufüllen, dass der Unterhaltsschuldner mit seinen Einwendungen nicht aus formellen Gründen ausgeschlossen bleibt".
Der Antrag auf Festsetzung des Unterhalts Minderjähriger im VV kann auch erfolgen, wenn der Unterhaltsschuldner seinen Wohnsitz im Ausland hat.
Wird im VV der festzusetzende Unterhalt als gleichbleibender Monatsbetrag geltend gemacht, so ist im Antragsvordruck die Höhe des verlangten Unterhalts vor Abzug etwa zu berücksichtigender kindbezogener Leistungen (z.B. des Kindergeldes) anzugeben. Der Festbetrag ist zunächst "brutto" mitzuteilen, also ohne die Berücksichtigung des Kindergel...