Von anderer Seite wird dagegen der Vorwurf erhoben, die Düsseldorfer Tabelle gefährde die Lebensexistenz des Kindes, weil die dort ausgewiesenen Bedarfssätze weit hinter dem tatsächlichen Mindesterziehungs- bzw. Mindestausbildungsbedarf zurückblieben.[25]

Auch dieser Vorwurf geht fehl, weil die Unterhaltshöhe nicht durch die Düsseldorfer Tabelle, sondern vom Gesetz bestimmt wird – maßgeblich sind der (Mindest-) Bedarf des Kindes gemäß § 1612a Abs. 1 BGB unter Berücksichtigung der Leistungsfähigkeit des Unterhaltsschuldners (§ 1603 BGB): Die Tabelle "übersetzt" lediglich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, das vorgegebene Einkommen des Pflichtigen und einen anhand statistischer Methoden ermittelten Unterhaltsbedarf in praktisch handhabbare Empfehlungen für die forensische und die beratende[26] Unterhaltspraxis.[27]

[25] Vgl. Verband alleinerziehender Mütter und Väter – Bundesverband e.V. (VaMV), Pressemitteilung vom 21.8.2023, einsehbar unter https://vamv.de/de/presse/pressemitteilungen/unterhaltsrecht-reform-muss-an-lebensrealitat-anknupfen-um-existenz-von-kindern-nicht-zu-gefahrden/ (zuletzt abgerufen im Dezember 2023) sowie Streit 2023, 129. Vgl. weiter Breithaupt, Streit 2007, 60 ff. ("Höhe des Mindestunterhalts entspricht nicht dem Kindeswohl"); Breithaupt, FPR 2007, 271 f.; Breithaupt, Streit 2001, 105 ff. ("Das Märchen vom bedarfsdeckenden väterlichen Barunterhalt für Kinder") sowie ausführlich Breithaupt, 50 Jahre Düsseldorfer Tabelle, 50 Jahre verordneter Unterhaltsverzicht (2015).
[26] Die Düsseldorfer Tabelle ist darüber hinaus auch von großer mittelbarer Bedeutung beispielsweise für die KostenbeitragsVO (Verordnung zur Festsetzung der Kostenbeiträge für Leistungen und vorläufige Maßnahmen in der Kinder- und Jugendhilfe vom 1.10.2005), die sich mit ihren Einkommensfreibeträgen eng an die Selbstbehaltssätze der Düsseldorfer Tabelle anlehnt (vgl. die Notiz in JAmt 2023, Heft 11 S. IV).
[27] Vgl. bereits Seiler, FamRZ 2023, 329 (332); Niepmann, NZFam 2022, 141 (145); Menne, FF 2023, 12 (16).

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