Oft tendieren Schadensachbearbeiter mit einem gewissen Automatismus dazu, vom Ausschluss auf Grund einer "familienrechtlichen" Streitigkeit auszugehen, wenn Ehemann gegen Ehefrau streitet.

Dies betrifft den Risikoausschluss nach § 3 Abs. 2 g ARB.

Für die Praxis des Familienrechtlers ist aber zu beachten, dass eine Vielzahl von – unter Streitwertaspekten durchaus lukrativen – Auseinandersetzungen nicht unter diesen Ausschluss fällt.

Dies gilt immer dann, wenn sich Eheleute in einer ähnlichen Situation wie vergleichbare Mitglieder einer Gemeinschaft, Gesellschaft oder Gesamtschuldnerschaft gegenüberstehen.

In all diesen Fällen gelten für die Streitkontrahenten allgemeine zivilrechtliche Grundlagen, so dass der Risikoausschluss nicht eingreift und Deckung durch die Versicherung gegeben ist.

a)

Der Begriff "Risikoausschluss" bedeutet im Versicherungsrecht, dass aus dem Gesamtbereich der vom Versicherer abgedeckten Gefahren einige Segmente ausgenommen werden, die ein für den Versicherer in der Regel hohes Sonderrisiko darstellen und deshalb bei der Beitragskalkulation nicht berücksichtigt wurden.

Diese Risikoausschlüsse finden sich beispielsweise im VVG, etwa in § 152 VVG (vorsätzliche Herbeiführung des Versicherungsfalls) jedoch vor allem in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen.

Die ARB´s beinhalten eine Vielzahl von Risikoausschlüssen, die in diesem Versicherungszweig immer wieder zu Rechtsstreitigkeiten führen.

Allgemein gilt, dass der Versicherungsnehmer die Beweislast dafür trägt, wonach der von ihm behauptete Versicherungsfall unter die vertraglich versicherte Gefahr fällt.

Der Versicherer ist demgegenüber beweispflichtig für einen Risikoausschluss, da dieser einen Ausnahmetatbestand darstellt.

Alle nicht unter den Risikoausschluss fallenden Auseinandersetzungen sind nach der jeweils versicherten Leistungsart deckungsfähig. Also beispielsweise nach § 2 a ARB Schadenersatzrechtsschutz oder Rechtsschutz im Vertrags- und Sachenrecht, § 2 b ARB.

b)

Was sind nun "rechtliche Interessen aus dem Bereich des Familien- und Erbrechts"?

Harbauer (7. Aufl. 2004, § 4 Rn 82) definiert den Begriff wie folgt:

Zitat

"Familienrecht ist die Gesamtheit der staatlichen Rechtsnormen, welche die rechtlichen Beziehungen der Mitglieder der Familie zueinander und zu Dritten regeln, insbesondere das Recht der Ehe in ihren personenrechtlichen und güterrechtlichen Auswirkungen, die elterliche Sorge und ihre Ergänzung durch Vormundschaft und Pflegschaft sowie die Regelung des Unterhalts unter Ehegatten, Verwandten und gegenüber dem nicht ehelichen Kind."

Nach dieser Definition fallen auch Streitigkeiten aus anderen, nicht familienrechtlichen Anspruchsgrundlagen unter den Risikoausschluss, wenn sie ihren originären Ursprung im Familienrecht haben.

So wurde beispielsweise die Rückforderung vermeintlich überzahlter Unterhaltsbeträge aus ungerechtfertigter Bereicherung vom Bundesgerichtshof unter den Risikoausschluss gezählt (BGH NJW 1981, 346).

Hilfreich dürfte folgende Rechtsprechungsübersicht sein:

  • OLG Hamm VersR 1983, 1025
  • Schenkungswiderruf gegenüber getrennt lebender Ehefrau, § 531 BGB, fällt nicht unter den Ausschluss
  • AG Hanau zfs 1992, 282
  • Ausgleichsanspruch nach § 426 Abs. 2 BGB wegen während der Ehe gemeinsam aufgenommenen Darlehen fällt nicht unter den Ausschluss
  • OLG Düsseldorf VersR 1985, 635
  • Der Risikoausschluss umfasst auch die Änderung einer Scheidungsvereinbarung bzgl. Ersetzung des gesetzlichen durch vertraglichen Unterhaltsanspruch
  • AG Coburg VersR 1996, 186
  • Auseinandersetzung einer Miteigentumsgemeinschaft (749 ff. BGB) an einem Hausgrundstück zwischen geschiedenen Ehegatten fällt nicht unter den Ausschluss
  • AG Erkelenz zfs 1980, 212
  • Streitigkeiten aus notariellem Vertrag über vorweggenommene Erbfolge bei Altenteilsregelung sind dem Familienrecht zuzuordnen
  • BayObLG NJW 1982, 587
  • Abwehr einer Honorarforderung eines Anwalts der den Versicherungsnehmer in einer familienrechtlichen Angelegenheit vertrat, ist keine Familiensache
  • AG Regensburg zfs 1984, 305
  • Die familienrechtliche Ausschlussklausel betrifft sowohl die "Familiensachen" der ZPO als auch aus Vertragsverhältnis resultierende Familienangelegenheiten
  • LG Mannheim zfs 1988, 46
  • Rechtsstreit nach Scheidung über Wirksamkeit eines "Überlassungsvertrags" um Zugewinnausgleich zu ersetzen fällt unter den Risikoausschluss
  • AG Rastatt VersR 1996, 1100
  • Mithaftung eines Ehegatten wegen § 1357 BGB für eine vertragliche Forderung des anderen Ehegatten fällt nicht unter die Ausschlussklausel
  • LG Bonn zfs 1985, 148
  • Streitigkeiten aus gerichtlichem Vergleich zur Regelung güter- und familienrechtlicher Beziehungen fallen unter Risikoausschluss
  • LG Kassel VersR 1994, 1418
  • Ausgleichsanspruch eines geschiedenen Ehegatten aus § 426 Abs. 2 BGB auf Grund Rückzahlung eines gemeinschaftlich aufgenommenen Darlehens fällt nicht unter den Ausschluss
  • AG Wiesbaden FamRZ 2005, 1834
  • Kein Ausschluss bei Darlehensrückerstattungsanspruch unter Familienangehörigen

Grundsätzlich gilt, dass alle Auseinandersetzungen zwischen Ehegat...

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