Was sind nun "rechtliche Interessen aus dem Bereich des Familien- und Erbrechts"?
Harbauer (7. Aufl. 2004, § 4 Rn 82) definiert den Begriff wie folgt:
Zitat
"Familienrecht ist die Gesamtheit der staatlichen Rechtsnormen, welche die rechtlichen Beziehungen der Mitglieder der Familie zueinander und zu Dritten regeln, insbesondere das Recht der Ehe in ihren personenrechtlichen und güterrechtlichen Auswirkungen, die elterliche Sorge und ihre Ergänzung durch Vormundschaft und Pflegschaft sowie die Regelung des Unterhalts unter Ehegatten, Verwandten und gegenüber dem nicht ehelichen Kind."
Nach dieser Definition fallen auch Streitigkeiten aus anderen, nicht familienrechtlichen Anspruchsgrundlagen unter den Risikoausschluss, wenn sie ihren originären Ursprung im Familienrecht haben.
So wurde beispielsweise die Rückforderung vermeintlich überzahlter Unterhaltsbeträge aus ungerechtfertigter Bereicherung vom Bundesgerichtshof unter den Risikoausschluss gezählt (BGH NJW 1981, 346).
Hilfreich dürfte folgende Rechtsprechungsübersicht sein:
- OLG Hamm VersR 1983, 1025
- Schenkungswiderruf gegenüber getrennt lebender Ehefrau, § 531 BGB, fällt nicht unter den Ausschluss
- AG Hanau zfs 1992, 282
- Ausgleichsanspruch nach § 426 Abs. 2 BGB wegen während der Ehe gemeinsam aufgenommenen Darlehen fällt nicht unter den Ausschluss
- OLG Düsseldorf VersR 1985, 635
- Der Risikoausschluss umfasst auch die Änderung einer Scheidungsvereinbarung bzgl. Ersetzung des gesetzlichen durch vertraglichen Unterhaltsanspruch
- AG Coburg VersR 1996, 186
- Auseinandersetzung einer Miteigentumsgemeinschaft (749 ff. BGB) an einem Hausgrundstück zwischen geschiedenen Ehegatten fällt nicht unter den Ausschluss
- AG Erkelenz zfs 1980, 212
- Streitigkeiten aus notariellem Vertrag über vorweggenommene Erbfolge bei Altenteilsregelung sind dem Familienrecht zuzuordnen
- BayObLG NJW 1982, 587
- Abwehr einer Honorarforderung eines Anwalts der den Versicherungsnehmer in einer familienrechtlichen Angelegenheit vertrat, ist keine Familiensache
- AG Regensburg zfs 1984, 305
- Die familienrechtliche Ausschlussklausel betrifft sowohl die "Familiensachen" der ZPO als auch aus Vertragsverhältnis resultierende Familienangelegenheiten
- LG Mannheim zfs 1988, 46
- Rechtsstreit nach Scheidung über Wirksamkeit eines "Überlassungsvertrags" um Zugewinnausgleich zu ersetzen fällt unter den Risikoausschluss
- AG Rastatt VersR 1996, 1100
- Mithaftung eines Ehegatten wegen § 1357 BGB für eine vertragliche Forderung des anderen Ehegatten fällt nicht unter die Ausschlussklausel
- LG Bonn zfs 1985, 148
- Streitigkeiten aus gerichtlichem Vergleich zur Regelung güter- und familienrechtlicher Beziehungen fallen unter Risikoausschluss
- LG Kassel VersR 1994, 1418
- Ausgleichsanspruch eines geschiedenen Ehegatten aus § 426 Abs. 2 BGB auf Grund Rückzahlung eines gemeinschaftlich aufgenommenen Darlehens fällt nicht unter den Ausschluss
- AG Wiesbaden FamRZ 2005, 1834
- Kein Ausschluss bei Darlehensrückerstattungsanspruch unter Familienangehörigen
Grundsätzlich gilt, dass alle Auseinandersetzungen zwischen Ehegatten, die ihre prägende Anspruchsgrundlage nicht aus dem Familienrecht ableiten, auch nicht unter den Ausschluss fallen.
Hierzu zählen vor allem:
- alle deliktischen Schadensersatzforderungen (z.B. Schmerzensgeldforderungen);
- alle Ansprüche aus Gemeinschaftsrecht (z.B. Miteigentum einer Immobilie);
- alle vertraglichen Ansprüche zwischen Eheleuten (z.B. Arbeitsverhältnis);
- alle Ansprüche aus Gesamtschuldnerschaft (z.B. Darlehensregress);
- alle Ansprüche aus Gesellschaftsverhältnissen (z.B. BGB-Gesellschaft).