Der Entscheidung ist im Wesentlichen zuzustimmen.

1) Es ist richtig, auch zugunsten des auf Unterhalt in Anspruch genommenen Ehegatten eine Inhaltskontrolle vorzunehmen. Das ergibt sich schon daraus, dass die Feststellung der Sittenwidrigkeit einer unzumutbaren Lastenverteilung in der Ehe begegnen soll, eine solche kann aber sowohl hinsichtlich des Unterhaltbegehrenden als auch hinsichtlich des auf Unterhalt in Anspruch Genommenen vorliegen.[1]

Im Übrigen ist es ein Irrtum anzunehmen, dass mit der Einführung der notariellen/gerichtlichen Beurkundung zum 1.1.2008 alle Probleme der Inhaltskontrolle gelöst seien. Zwar werden die Fälle der positiven Inhaltskontrolle seltener werden, aber sie werden nicht aussterben,[2] weil die Notare bestens wissen, was nach der Rechtsprechung des BGH geht und was nicht, aber zum einen Lücken in der BGH-Rechtsprechung bleiben werden, und die Notare auch manchmal Pressionen ausgesetzt sind, was nach der Rechtsprechung des BGH eigentlich nicht mehr geht, dennoch zu beurkunden.

2) Der zweite Leitsatz des BGH ist nur schwer verständlich. Gemeint ist, dass in familienrechtlichen Sachen auf konkrete Feststellungen nicht verzichtet werden kann und daher auch eine Vermutung für eine Störung der Vertragsparität ausscheidet. Jedenfalls für Fälle einer krassen objektiven Benachteiligung[3] sollte aber das Prinzip der Einheit der Rechtsordnung nicht aufgegeben werden. Man hätte auch die Frage dahinstehen lassen können, da ja die Sozialhilfebedürftigkeit des Unterhaltsschuldners bejaht wird (siehe unter 3).

3) Die Sozialhilfebedürftigkeit des Unterhaltschuldners ist mit Recht angenommen worden und die Sittenwidrigkeit der Vereinbarung, da sie zum Nachteil des Sozialleistungsträgers geht. Dies kann auch dann der Fall sein, wenn der zahlungspflichtige Schuldner seine eigene Existenz nicht mehr sichern kann und deshalb ergänzender Sozialleistungen bedarf. Umstände, die zu einer sittlichen Rechtfertigung der Regelung führen könnten, waren nicht ersichtlich (siehe unter 4).

4) Noch eine Frage: Was ist eine "ritterliche Scheidung" (vom BGH erwähnt in 7c (Nr. 39)? Es handelt sich um eine Scheidung nach altem Recht (vor dem 1.7. 1977), in der einer von der Geltendmachung seiner Scheidungsgründe absieht, um dem anderen eine "ritterliche" Scheidung zu ermöglichen. Wenn der (die) andere bei dieser Gelegenheit auf den Unterhaltsanspruch verzichtet, verzichtet er (sie) nur auf eine leere Hülse. Es liegt auf der Hand, dass meist er es war, der auf die Geltendmachung seiner Scheidungsgründe verzichtete, deshalb spricht man auch von "ritterlicher Scheidung". Auf eine Scheidung nach neuem Recht (ab 1.7.1977) ist sie nicht mehr anwendbar.

Dr. Helmut Büttner, Vors. Richter am OLG a.D., Sankt Augustin

[1] So schon OLG Celle FamRZ 2004, 1969 m. zustimm. Anm. Bergschneider.
[3] Folgend Schwab, DNotZ Sonderheft 2001, 9, 15.

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?