Scheidungsverbund
Auch bei einer außergewöhnlich langen Verfahrensdauer kommt eine Abtrennung der Folgesachen und der isolierte Ausspruch der Scheidung zugunsten des heiratswilligen Antragstellers nicht in Betracht, wenn die Antragsgegnerin nach 35-jähriger Ehe kurz vor dem Eintritt in den Ruhestand ein berechtigtes Interesse an einer endgültigen Regelung der sich gegenseitig bedingenden Folgesachen hat (OLG Stuttgart, Urt. v. 21.8.2008 – 16 UF 65/08, FamRZ 2009, 64).
Ehegattenunterhalt
Der erwerbsunfähig erkrankten Ehefrau, die nach 21-jähriger Ehe zum Zeitpunkt der Scheidung bereits 52 Jahre alt ist und die Kinderbetreuung für drei gemeinsame Kinder übernommen hat, steht für einen Übergangszeitraum von drei Jahren ab Rechtskraft der Scheidung der volle Krankenunterhalt zu. Im Hinblick darauf, dass sie durch die Kinderbetreuung an einer Wiederaufnahme ihrer Erwerbstätigkeit während der Ehe gehindert war und krankheitsbedingt nicht mehr in der Lage ist, ihre Renteneinkünfte zu verbessern, ist ihr ferner für weitere vier Jahre ein verminderter Unterhalt zu zahlen, der sich aus der Differenz der tatsächlichen Einkünfte zu den fiktiven Renteneinkünften bei fortdauernder Berufstätigkeit errechnet; ein zeitlich unbegrenzter Anspruch kommt nicht in Betracht, wenn sie den Zugewinnausgleichsbetrag nicht verzinslich angelegt, sondern verbraucht hat und die Zinsen zur Deckung der Differenz nahezu ausgereicht hätten (OLG Celle, Urt. v. 2.10.2008 – 17 UF 97/08, FamRZ 2009, 56 m. Anm. Borth).
Eheliches Güter- und Vermögensrecht
- Der Zeitwert einer Lebensversicherung eines Ehegatten, die für die Finanzierung eines gemeinsamen Kredits eingesetzt wird, ist bei der Ermittlung der von beiden Ehegatten gesamtschuldnerisch zu tragenden Verbindlichkeit schuldmindernd abzusetzen und nicht als Aktivposten im Endvermögen des versicherungsnehmenden Ehegatten einzusetzen (OLG Zweibrücken, Urt. v. 5.10.2007 – 2 UF 220/06, OLGR Zweibrücken 2008, 547).
- Haben Eheleute zum gemeinsamen Erwerb einer Immobilie einen gemeinsamen Kredit aufgenommen, der über eine nur von einem Ehegatten als Versicherungsnehmer abgeschlossene Lebensversicherung abgelöst werden soll, so steht die Forderung aus dem Lebensversicherungsvertrag beiden Eheleuten gemeinschaftlich als Bruchteilsgemeinschaft zu (OLG Bremen, Beschl. v. 23.9.2008 – 4 W 6/08, OLGR Bremen 2008, 967 = FamRB 2009, 1 [Heinle]).
Versorgungsausgleich
Durch die 2. Verordnung zur Änderung der Barwert-VO v. 26.5.2003 und die 3. Verordnung zur Änderung der Barwert-VO v. 3.5.2006 ist früheren Bedenken des XII. Senats des BGH gegen die Verfassungsmäßigkeit der Barwert-VO auch unter Berücksichtigung der 4. Verordnung zur Änderung der Barwert-VO hinreichend Rechnung getragen. Der Barwert einer nicht volldynamischen Anwartschaft ist im Versorgungsausgleich deswegen regelmäßig nach der Barwertverordnung zu ermitteln (BGH, Beschl. v. 29.10.2008 – XII ZB 69/08, FamRZ 2009, 107).
Abstammung
Im Regressprozess zwischen dem Scheinvater und dem von ihm vermuteten Erzeuger des Kindes schließt § 1600d Abs. 4 BGB grundsätzlich eine Inzidentfeststellung der Vaterschaft aus. Die Rechtsausübungssperre des § 1600d Abs. 4 BGB ist aber dann durchbrochen, wenn davon auszugehen ist, dass ein Vaterschaftsfeststellungsverfahren auf längere Zeit nicht stattfinden wird, weil die zur Erhebung der Klage Befugten dies ausdrücklich ablehnen oder von einer solchen Möglichkeit seit längerer Zeit keinen Gebrauch gemacht haben, und wenn zumindest die Voraussetzungen dafür dargelegt werden, an die § 1600d Abs. 2 BGB die Vermutung der Vaterschaft knüpft (BGH, Urt. v. 22.10.2008 – XII ZR 46/07, FamRZ 2009, 32 m. Anm. Wellenhofer).
Elterliche Sorge
Hat ein nicht sorgeberechtigter Vater die elterliche Sorge tatsächlich längere Zeit übernommen, gebietet das Elternrecht, ihm die elterliche Sorge zu übertragen (BVerfG, Beschl. v. 20.10.2008 – 1 BvR 2275/08, FuR 2009, 29 = FamRB 2009, 4 [Völker]).
Verfahrensrecht
- Eine Verfahrensdauer von drei Jahren und zehn Monaten in einer Instanz entspricht nicht dem Erfordernis der "angemessenen Frist" gem. Art. 6 Abs. 1 EMRK. Steht dem Beschwerdeführer kein wirksamer Rechtsbehelf zur Verfügung, der geeignet ist, Abhilfe für die unangemessene Dauer zivilrechtlicher Verfahren zu schaffen, so liegt eine Verletzung von Art. 13 EMRK vor (EuGHMR, Urt. v. 9.10.2008 – Beschw. Nr. 10732/05: B. ./. Deutschland, FamRZ 2009, 105).
- Ein Rechtsanwalt, der seiner bislang zuverlässigen Kanzleiangestellten die Weisung erteilt, in einer von ihm bereits unterzeichneten Berufungsschrift die falsche Bezeichnung des Berufungsgerichts zu korrigieren, ist grundsätzlich nicht verpflichtet, die ordnungsgemäße Ausführung der Korrektur zu überprüfen (BGH, Beschl. v. 30.10.2008 – III ZB 54/08, FamRZ 2009, 109).
Prozesskostenhilfe
- Ein Antrag des Kindes gegenüber seinem nicht umgangswilligen Elternteil auf Umgang ist auch nach der Entscheidung des BVerfG v. 1.4.2008 – 1 BvR 1620/04, FamRZ 2008, 845, nicht mutwillig (OLG Stuttgart, Beschl. v. 7.8.2008 – 16 WF 194/08, OLGR Stuttgart 2008, 765 = FamRB 2009, 5 [Giers]).
- Das Verfahren der Prozesskostenhilfe dient nicht dazu, schwierige Rechtsfragen im Z...