Leistungsfähig ist, wer neben seinem eigenen angemessenen Unterhalt und der Bedienung von sonstigen Verbindlichkeiten für den Lebensbedarf eines anderen aufkommen kann. Fehlende Leistungsfähigkeit im Unterhaltszeitraum hindert die Entstehung einer Unterhaltspflicht des Verwandten (§ 1603 Abs. 1 BGB) und letztlich auch die des getrennt lebenden und des geschiedenen Ehegatten, auch wenn diese Rechtsfolge nach § 1581 BGB erst eintritt, soweit die Unterhaltsleistung nicht der Billigkeit entspricht. Anstelle des nicht Leistungsfähigen muss der nächste Verwandte nach § 1606 bzw. nach § 1584 S. 2 BGB aufgrund eigener Verpflichtung Unterhalt leisten. Unerheblich ist grundsätzlich, ob die Leistungsunfähigkeit verschuldet ist, etwa als Folge eines fahrlässig herbeigeführten Unfalls.
Für die Frage, ob jemand leistungsfähig ist, kommt es nicht bloß darauf an, ob er tatsächlich über ausreichende Mittel verfügt. Entscheidend ist vielmehr, ob er außerstande ist, Unterhalt zu leisten, d.h. nicht in der Lage ist, sich das dafür nötige Einkommen zu verschaffen, namentlich durch eine Erwerbstätigkeit. Dazu trifft die Unterhaltspartei im Rahmen des nach den konkreten Verhältnissen Zumutbaren eine Obliegenheit. Verletzt sie diese, kann ihr das Einkommen zugerechnet werden, über das sie bei pflichtgemäßen Verhalten verfügen würde. Dabei genügt bei einer gegenwärtigen Obliegenheitsverletzung einfaches Verschulden, während die Einkommenszurechnung wegen einer Obliegenheitsverletzung in der Vergangenheit grobes unterhaltsbezogenes Verschulden voraussetzt, ein mutwilliges Verhalten wie gemäß § 1579 Nr. 4 BGB. Leistungsfähig ist daher nicht nur, wer über ein ausreichendes tatsächliches Einkommen verfügt, sondern auch, wem ein fiktives Einkommen zugerechnet werden kann. In letzterem Fall muss der Verpflichtete für den Unterhalt Mittel verwenden, die er sonst für Unterhaltszwecke nicht heranziehen muss, insbesondere für seinen Selbstbehalt vorbehalten sind. Er ist nur durch Pfändungsvorschriften geschützt und muss Unterhaltsrückstände nachzahlen.
Die Leistungsfähigkeit des Unterhaltsverpflichteten wird vermutet. Er muss, wie sich aus der negativen Fassung des Gesetzes ergibt, beweisen, dass er nicht leistungsfähig ist, etwa dass er wegen Krankheit nicht erwerbstätig sein oder trotz seiner Bemühungen keine angemessene Arbeit mit ausreichendem Verdienst finden kann oder dass bei realistischer Betrachtung der Arbeitsmarkt für ihn verschlossen ist. Die Zurechenbarkeit eines fiktiven Einkommens zur Begründung der Leistungsfähigkeit ist unverzichtbar, weil sonst nur der Rechtschaffene Unterhalt zahlen würde. Das BVerfG hat diese Gesetzesanwendung gebilligt.
Für den Schuldner, dem ein fiktives Einkommen zugerechnet wurde, kann die Lage im Laufe der Zeit prekär werden, weil die für die Abänderung einer gerichtlichen Entscheidung notwendige Voraussetzung der Änderung der Verhältnisse i.S.v. § 238 FamFG nur schwer zu erfüllen ist.
Der Text des Gesetzes ist auf Leistung von Barunterhalt ausgerichtet. Er ist jedoch unter der Geltung des um Betreuung erweiterten Unterhaltsbegriffs ergänzend auszulegen und etwa zu lesen: Ein Elternteil ist nicht unterhaltspflichtig, wenn er auch zur Pflege und Erziehung seines in seinem Haushalt aufgenommenen minderjährigen unverheirateten Kindes nicht in der Lage ist. Die h.M. hat diese Folgerung bislang nicht gezogen. Ohne diese Ergänzung fehlt jedoch eine Grundlage für die in § 1606 Abs. 3 S. 2 BGB vorausgesetzte Verpflichtung des betreuenden Elternteils, zum Unterhalt des Kindes beizutragen. Diese kann aus der Personensorge (§ 1631 BGB) nicht abgeleitet werden kann, weil ein Elternteil nach allgemeiner Meinung auch unterhaltspflichtig ist, wenn ihm diese fehlt. Offenbar will der BGH nunmehr seine Rechtsprechung ändern. Die Voraussetzungen des § 1611 BGB hat er im Rahmen einer Entscheidung zum Elternunterhalt mit der Begründung verneint, dass die Mutter krankheitsbedingt nicht in der Lage war, den Beklagten als Kind angemessen zu betreuen. Wegen dieser Einschränkungen war sie – wie ein Barunterhalt schuldender Elternteil bei wirtschaftlicher Leistungsunfähigkeit – nicht zum Unterhalt verpflichtet.