I. Einleitung

Der Versorgungsausgleich genießt als eine den Familiengerichten anvertraute Materie mit stark rentenrechtlichen Bezügen den Ruf, besonders schwierig zu sein.[2] Die Teilung der Rentenanrechte bei Scheidung ist seit seiner Einführung im Jahr 1977 den Familiengerichten anvertraut. Die tatsächlichen Auswirkungen – nämlich die Kürzung der Rente des Ausgleichspflichtigen bei Eintritt in den Ruhestand – betreffen die spätere Rentenhöhe. Für Streitigkeiten um die durch den Versorgungsausgleich beeinflusste Rentenhöhe sind wie üblich je nach Art des Anrechts die Sozialgerichte, Arbeitsgerichte, Zivilgerichte und Verwaltungsgerichte zuständig.

Anpassungsverfahren nach §§ 32 ff. VersAusglG betreffen dagegen Fälle, in denen die Grundentscheidung zum Versorgungsausgleich temporär nicht umgesetzt werden soll. Es geht um die – früher im Gesetz zur Regelung von Härten im Versorgungsausgleich (VAHRG) geregelte – Frage, ob eine besondere Härte es rechtfertigt, die durch den Versorgungsausgleich bewirkte Kürzung der Rente auszusetzen. Die gerichtlichen Verfahren um Streitigkeiten zu der "Anpassung" werden von unterschiedlichen Fachgerichten bearbeitet, hier sind seit 2009 die Zuständigkeiten neu geordnet worden: Die Familiengerichte bearbeiten nun die Anpassungsfälle wegen Unterhaltszahlungen an den geschiedenen Ehegatten. Im Übrigen sind – je nach Versorgungsträger – die Sozialgerichte und Verwaltungsgerichte zuständig, wenn die Aussetzung der Kürzung wegen Invalidität oder wegen Tod beantragt wird und Streit zwischen dem Versorgungsträger und dem durch den Versorgungsausgleich Betroffenen entsteht. Der vorliegende Beitrag zeigt, dass es gerade angesichts der Komplexität der Materie wenig glücklich ist, dass die Zuständigkeit verschiedenen Fachgerichten zugewiesen worden ist.

[2] Schmid, FPR 2009, 196, 197; Hahne, in: 17. Deutscher Familiengerichtstag 2007, Brühler Schriften zum Familienrecht, 2008, Bd. 15, S. 18, "Sankt-Andreas-Graben des Familienrechts".

II. Weichenstellungen

1. Ungekürzte Rentenzahlung wegen besonderer Härte

Nach der Durchführung des Versorgungsausgleichs erleben ausgleichspflichtige Ehegatten bei Pensionierung eine Kürzung ihrer Rentenbezüge. Der Eingriff in den Rentenbestand des im Saldo ausgleichspflichtigen Ehegatten ist im Hinblick auf das grundgesetzlich geschützte Eigentum (Art. 14 GG) nur soweit gerechtfertigt, als der ausgleichsberechtigte Ehegatte davon profitieren kann; kann er dies nicht, ist eine besondere Härte gegeben. Eine solche Härte erkennt der Gesetzgeber seit der grundsätzlichen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 28.2.1980,[3] wenn der Ausgleichsberechtigte verstorben ist und deswegen die Versorgungsausgleichsrente nicht mehr erhält (§ 37 ff. VersAusglG). Auch wenn der Ausgleichsberechtigte noch Unterhalt vom Ausgleichspflichtigen verlangen kann und noch nicht im Rentenbezug steht, führt die Kürzung der Versorgung beim Ausgleichspflichtigen zu finanziellen Engpässen und damit ggf. zu einer Kürzung des Unterhalts. Damit verfehlt der Versorgungsausgleich sogar für eine gewisse Zeit das Ziel der Absicherung des wirtschaftlich schwächeren Ehegatten.[4] Deswegen stellt § 33 VersAusglG sicher, dass die Kürzung der Rente in Höhe des Betrages ausgesetzt werden kann, der noch für den gesetzlich geschuldeten Unterhalt aufgebracht werden muss. Das gilt nur bis zu dem Zeitpunkt, in dem der ausgleichsberechtigte Ehegatte selbst in Rente geht, denn ab diesem Zeitpunkt erhält er aus den übertragenen Anrechten eine eigene Rente.

Die im Jahr 2009 erfolgte Umstellung des Versorgungsausgleichs von einem System der Verrechnungen und Saldierungen auf den sog. Hin- und Her-Ausgleich hat außerdem eine weitere Konstellation geschaffen, in der Härten entstehen können: Bei Invalidität erhält ein Ehegatte möglicherweise aus dem übertragenen Anrecht (noch) keine Rente, weil Wartezeiten nicht erfüllt sind oder aber keine Invaliditätsabsicherung gewährleistet war. Wenn nun gleichzeitig die eigene Rente gekürzt wird, muss das Gesetz das Saldierungsergebnis letztlich über ein Anpassungsverfahren herstellen. Deswegen sieht § 35 VersAusglG vor, dass die Kürzung der eigenen Versorgung auf Antrag ausgesetzt werden kann, bis der begünstigte Ehegatte aus dem übertragenen Anrecht Rente erhalten kann. Das gleiche gilt, wenn infolge einer vorgezogenen Altersgrenze aus dem zugunsten des Betroffenen übertragenen Anrecht noch keine Rente bezogen werden kann, gleichzeitig aber die eigene Rente schon gekürzt ausgezahlt wird.

[3] BVerfG, Urt. v. 28.2.1980 – 1 BvL 17/77, BVerfGE 53, 257-313.
[4] Vgl. dazu Schmid/Eulering, FamRZ 2009, 1269, 1271; dieses Bedürfnis bestreitet mit kaum tragfähiger Argumentation Franz, NJOZ 2019, 721.

2. Keine Anpassung von Betriebsrenten

Anpassungsverfahren können nur für Anrechte aus den Regelsicherungssystemen gem. § 32 VersAusglG fruchtbar gemacht werden.[5] Seit 2009 ist dagegen eine Anpassung bei Anrechten aus der betrieblichen Altersversorgung nicht mehr vorgesehen. Das Bundesverfassungsgericht hat Verfassungsbeschwerden gegen § 32 VersAusglG zurückgewiesen, mit denen Angehörige der Versorgungsansta...

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