Einführung
Der Ausgleich von Zuwendungen und Arbeitsleistungen der Schwiegereltern gehört zu den Grundzügen der Vermögensauseinandersetzung bei Trennung und Scheidung. Die Handhabung der Grundsatzentscheidung des Bundesgerichtshofs vom 3.2.2010 ist schon lange im familienrechtlichen Arbeitsalltag angekommen. Es gibt jedoch noch ungeklärte Fragen und es lauern versteckte Haftungsfallen. Der folgende Beitrag zeigt die Besonderheiten auf, die bei der anwaltlichen Fallbearbeitung zu beachten sind, wenn es um Arbeitsleistungen geht.
Die Leitentscheidungen des Bundesgerichtshofs zum Nebengüterrecht bei Ehegatten wurden bereits im FF 2021, 487 dargestellt. Der vorliegende Beitrag baut darauf auf und versteht sich insoweit als Fortsetzung. Er schließt sich außerdem an den Aufsatz von Wever in der Festschrift für Dose an und entwickelt dessen Lösungsvorschlag mit eigenen Überlegungen fort.
Zuwendungen aus dem Vermögen von Schwiegereltern an ein Schwiegerkind werden seit dem 3.2.2020 als Schenkungen nach § 516 BGB behandelt und sind somit nach § 1374 Abs. 2 BGB privilegiert. Da Arbeitsleistungen nicht aus dem Vermögen erbracht werden, lehnt der Bundesgerichtshof deren Privilegierung ab und behandelt sie weiterhin unter dem rechtlichen Gesichtspunkt des familienrechtlichen Vertrags sui generis in dessen Unterfall des Kooperationsvertrages. Darum soll es in diesem Beitrag gehen. Der rechtliche Hintergrund dieser unterschiedlichen Bewertung soll ausgeleuchtet, deren Rechtsfolgen beschrieben und ein Lösungsvorschlag vorgestellt werden.
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Beispielsfall:
Der Schwiegervater SV, der Baupolier war und nun im Ruhestand ist, hat im Verlauf seines Arbeitslebens 100.000 EUR angespart. Seine Tochter F hat M geheiratet. Beide wollen ein Haus bauen. Das Grundstück ist bereits auf sie je zur ideellen Hälfte im Grundbuch eingetragen und bezahlt. Sie können jedoch die Baukosten nicht vollständig aufbringen. Es besteht eine Finanzierungslücke von 100.000 EUR. SV überweist ihnen aus seinen Ersparnissen 50.000 EUR auf deren Gemeinschaftskonto mit dem Verwendungszweck "Schenkung für Euer neues Familienheim" und erbringt selbst fachgerechte und mangelfreie Handwerksleistungen am Bau im Wert von weiteren 50.000 EUR. Er hatte sich nach einiger Überlegung dafür entschieden, seine zweiten 50.000 EUR zu behalten und stattdessen seine Arbeitskraft und Fachkenntnis einzubringen. Das Haus wird errichtet und fertig gestellt. F und M sind schuldenfrei. Ihre Ehe scheitert nach kurzer Zeit.
SV bittet um Rechtsrat, ob er gegen M einen Zahlungsanspruch in Höhe von 50.000 EUR hat (je 25.000 EUR für die Hälfte der Schenkung und für die Wertschöpfung durch seine Arbeitsleistungen). Er hätte in Kenntnis des späteren Ehescheiterns weder die Zahlung geleistet noch die Arbeitsleistungen erbracht.
A. Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs
Der heutige Stand der BGH-Rechtsprechung zum Ausgleich schwiegerelterlicher Leistungen hat sich aus den Grundsätzen des Bundesgerichtshofs zur Vermögensauseinandersetzung von Ehegatten außerhalb des Zugewinnausgleichs entwickelt. Diese betreffen im Wesentlichen Fälle des Scheiterns des Zugewinnausgleichs aus rechtlichen (Gütertrennung, nachteiliger modifizierter Zugewinnausgleich) oder aus tatsächlichen (rechnerischen) Gründen (verbrauchtes Anfangsvermögen, überschuldetes Endvermögen). Die Grundsätze zur ehebezogenen Zuwendung wurden vom BGH für die Schwiegerelternzuwendungen übernommen. Davon nahm er am 3.2.2010 wieder Abstand und führte für diese Fälle die ehebezogene Schenkung ein. An der Behandlung von Arbeitsleistungen änderte er nichts. Für sie gilt weiterhin der Kooperationsvertrag.