Anmerkung zum Urteil des BGH vom 9.7.2008 – XII ZR 6/07
I. Einleitung
Seit der Entscheidung vom 11.2.2004 gewinnt die Rechtsprechung des BGH zur Inhaltskontrolle von Eheverträgen durch jedes Urteil weitere Konturen. Der Praxis werden so die Beratung und die Vertragsgestaltung erleichtert. Das Urt. v. 9.7.2008 beschäftigt sich mit einer Reihe geradezu klassischer Probleme wie der Sittenwidrigkeit beim Vertragsschluss mit der schwangeren Braut, der Bedeutung des Versorgungsausgleichs und der Teilnichtigkeit.
II. Der Sachverhalt
Das Paar heiratete am 19. Oktober 1984, nachdem am 5. Oktober 1984 der streitige Ehevertrag geschlossen worden war. Der Bräutigam war Jurist, zwanzig Jahre älter als seine Verlobte und wirtschaftlich erfolgreich. Die schwangere Braut hingegen hatte vor ihrer Schwangerschaft als Kindergärtnerin gearbeitet. Der Ehevertrag wurde vom Ehemann und dem Notar allein ausgehandelt. Einen Entwurf erhielt die Braut nicht, auch eine gemeinsame Vorbesprechung beim Notar fand nicht statt. In der Ehe betreute sie die drei gemeinsamen Kinder und ist inzwischen als Fachlehrerin teilzeitbeschäftigt.
Dieser Verlauf der Ehe war bei Vertragsschluss geplant. Nach § 2 des Vertrages sollte bei Geburt eines Kindes die Ehefrau unter "normalen Umständen" die Berufstätigkeit aufgeben. Zur Wiederaufnahme der Berufstätigkeit sollte sie nur insoweit berechtigt sein als das Kindeswohl dies erlaube. Die Parteien vereinbarten Gütertrennung und schlossen den Versorgungsausgleich aus. Für den Fall der Scheidung vor Ablauf von fünf Jahren wurde der Unterhalt mit Ausnahme des Betreuungsunterhalts ausgeschlossen. Im Übrigen blieben die gesetzlichen Unterhaltsansprüche erhalten. Der Unterhalt sollte sich der Höhe nach jedoch nicht nach den ehelichen Lebensverhältnissen, sondern nach dem erlernten bzw. dem mit höherem Einkommen verbundenen ausgeübten Beruf richten. Der Aufstockungsunterhalt wurde ausgeschlossen. Ergänzt wurde der Vertrag durch eine salvatorische Klausel.
III. Die Entscheidung
Nachdem der BGH die wesentlichen Voraussetzungen der Wirksamkeits- und Ausübungskontrolle von Eheverträgen gem. §§ 138 Abs. 1, 242 BGB wiederholt hatte, schloss er sich im Ergebnis der Entscheidung des OLG Frankfurt a.M. an, das den Ehevertrag nach einer Gesamtwürdigung für sittenwidrig gem. § 138 Abs. 1 BGB und insgesamt als nichtig beurteilt hatte. Die Sittenwidrigkeit folge allerdings nach Meinung des BGH nicht aus der Unterhaltsvereinbarung. Ein Ausschluss des Unterhalts für die ersten fünf Ehejahre sei nicht zu beanstanden, insbesondere da der Betreuungsunterhalt nicht ausgeschlossenen worden war. Eine solche Regelung greife lediglich einen Rechtsgedanken auf, der in §§ 1579 Abs. 1 Nr. 1, 1578b BGB Niederschlag gefunden habe. Auch die Begrenzung des Unterhalts hielt der BGH an sich nicht für sittenwidrig. Die Orientierung am vorehelichen Einkommen der Ehefrau sei angemessen, da diese Regelung gerade den Ausgleich ehebedingter Nachteile bezwecke.
Für unangemessen hielt der Bundesgerichtshof jedoch den Ausschluss des Versorgungsausgleichs. Hier wiederholte der BGH, dass der Versorgungsausgleich einerseits dem Zugewinnausgleich verwandt und damit der Disposition durch die Parteien zugänglich sei. Andererseits aber sei der Versorgungsausgleich als vorweggenommener Altersunterhalt zu verstehen und damit dem Kernbereich des gesetzlichen Scheidungsfolgenrechts zuzuordnen. Eine Sittenwidrigkeit sei anzunehmen, wenn der Ausschluss des Versorgungsausgleichs dazu führe, dass der Ehegatte auf Grund des "schon bei Vertragsschluss geplanten Zuschnitts der Ehe über keine hinreichende Alterssicherung verfügt und dieses Ergebnis mit dem Gebot der ehelichen Solidarität schlechthin unvereinbar erscheint." So lägen die Dinge hier. Mit der schon in § 2 des Ehevertrages geplanten Übernahme der Familienarbeit bliebe es der Ehefrau verwehrt, eigene Versorgungsanwartschaften zu erwerben. Ein Nachteil, für den sie durch den Ausschluss des Versorgungsausgleichs nicht kompensiert würde.
Der BGH bestätigte, dass der Zugewinnausgleich der vertraglichen Modifikation bis hin zum Ausschluss regelmäßig zugänglich sei. Obwohl der Ehevertrag hinsichtlich einzelner Aspekte nicht zu beanstanden sei, ergebe eine Gesamtwürdigung jedoch seine Gesamtnichtigkeit. Daran ändere auch die salvatorische Klausel nichts. Der streitige Vertrag ziele insgesamt auf eine Benachteiligung der Ehefrau. Nicht nur würde ihr durch die Unterhaltsregelung das finanzielle Risiko einer frühen Scheidung auferlegt, auch verblieben dem Ehemann allein die Früchte seiner Berufstätigkeit durch den Ausschluss von Versorgungs- und Zugewinnausgleich.
Der BGH ließ ausdrücklich dahingestellt, ob diese Regelungen des Ehevertrages für sich genommen bereits ausreichen würden, um die Sittenwidrigkeit zu begründen. In diesem Fall hätten sich die Parteien nämlich bei Vertragschluss nicht als annähernd gleichstarke Vertragspartner gegenüber gestanden. Die Schwang...