Das Amtsgericht Kassel hatte der Abänderungsklage des geschiedenen Ehemannes auf Wegfall des nachehelichen Unterhaltes mit Wirkung ab Januar 2010 stattgegeben.
Das OLG Frankfurt hat nach vorangegangenem Hinweisbeschluss vom 10.5.2010 durch Beschluss vom 19.11.2010 die Berufung gegen das Urteil I. Instanz zurückgewiesen, und zwar nach § 522 ZPO.
In der Sache ist der Entscheidung des OLG Frankfurt uneingeschränkt zuzustimmen.
Die geschiedene Ehefrau hatte nach dem unstreitigen Sachvortrag zumindest im September 2007 den jetzigen Lebensgefährten kennen gelernt. Dieser ist dann im Januar 2008 in die Wohnung der geschiedenen Ehefrau eingezogen und hat dort seinen ersten Wohnsitz angemeldet.
Die Partner dieser Lebensgemeinschaft hatten sich dann dazu entschlossen, mit Wirkung ab 1.7.2008 gemeinsam eine Wohnung anzumieten, zu renovieren und schließlich auch zu beziehen.
Das OLG war der Auffassung, ähnlich wie das Amtsgericht, dass ab März 2009, also ab 1 ¼ Jahren nach dem Einzug in die Wohnung der Frau, kein Anspruch auf Unterhalt mehr geltend gemacht werden könne, der Anspruch also nach § 1579 Nr. 2 BGB verwirkt sei.
Der Gesetzgeber hat in dem neu geschaffenen § 1579 Nr. 2 BGB ähnlich wie bei dem alten § 1579 Nr. 7 BGB eine bestimmte Mindestdauer der verfestigten Lebensgemeinschaft nicht zugrunde gelegt. Im Einzelfall muss entschieden werden, ob eine verfestigte Lebensgemeinschaft aufgrund der Vielfalt denkbarer Lebenssachverhalte vorliegt.
Der BGH hatte lange Zeit eine Mindestdauer des Zusammenlebens von zwei bis drei Jahren vorgegeben, vorher sei im Allgemeinen nicht verlässlich zu beurteilen, ob die Partner auf Dauer in einer verfestigten Lebensgemeinschaft leben und nach dem Erscheinungsbild ihrer Beziehung in der Öffentlichkeit diese Lebensform auch für die weitere Zukunft bewusst gewählt haben, oder ob es sich nur um ein Verhältnis auf Probe handele. Schon vor dem 1.1.2008 gab es vereinzelt Entscheidungen, die die Dauer von zwei bis drei Jahren als zu lang aufgefasst haben. So hat das OLG Köln bereits 1999 in einem Trennungsunterhaltsverfahren entschieden, dass nach dem Kauf eines Hauses und dem Zusammenziehen nach einem Jahr der Unterhaltsanspruch entfällt.
Das Amtsgericht Menden hatte 1991 schon bei einem Zeitraum von einem Jahr und 4 Monaten die Härteklausel angewendet. In diesem Fall war nach Auffassung des Amtsgerichts die Mindestdauer ausreichend, weil die Partner der Lebensgemeinschaft ihre jeweiligen Wohnungen aufgegeben und gemeinsam ein Haus angemietet hatten, welches sie umfangreich renovierten. Hinzu kam in diesem Fall, dass die geschiedene Ehefrau von dem Lebensgefährten im September 1990 ein Kind bekommen hatte. Das OLG Köln hat in einem Beschluss von 2005 einen Zeitraum von 16 Monaten ausreichen lassen.
Nach dem Inkrafttreten der Unterhaltsrechtsreform ist die Mindestdauer umstritten. Eine verfestigte Lebensgemeinschaft im Sinne des § 1579 Nr. 2 BGB ist nach Auffassung des Amtsgerichts Essen jedenfalls seit Inkrafttreten des Unterhaltsreformgesetzes 2007 entsprechend den geänderten gesellschaftlichen Verhältnissen in der Regel schon nach einem Jahr anzunehmen.
Im vorliegenden Fall ist der entscheidende Gesichtspunkt, dass der Lebenspartner zunächst bei der geschiedenen Ehefrau eingezogen ist und man sich dann aus dieser Wohnung heraus dazu entschlossen hat, eine gemeinsame Wohnung in einem anderen Objekt anzumieten. Hierbei wird regelmäßig Geld in die Hand genommen, um die Wohnung so schön wie möglich zu gestalten. Häufig wird eine neue Küche gekauft, neue Möbel, Vorhänge, das Bad renoviert. Häufig fallen eine beträchtliche Kaution und Maklercourtage an. Insofern ist dieser Vorgang völlig anders zu werten, als wenn der Lebenspartner in die bereits bestehende Mietwohnung einzieht und hier lediglich ein paar persönliche Sachen und die entsprechende Kleidung mitbringt.
Insofern ist gegen die Entscheidung des OLG in der Sache nichts einzuwenden, weil sie auf der Linie liegt, die eine frühere Verwirklichung des Verwirkungstatbestandes ermöglicht.
Prozessual ist allerdings zu bemängeln, dass der Familiensenat nach § 522 ZPO entschieden hat. Es wäre ohne Weiteres möglich gewesen, den Parteien in einer mündlichen Verhandlung klarzumachen, dass die Berufung keine Aussicht auf Erfolg hatte.
Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass der Senat sich diese erklärende Erörterung seiner durchaus nachvollziehbaren Gründe für die Aufrechterhaltung des erstinstanzlichen Urteils in der Kommunikation mit den Parteien ersparen wollte. Dies ist aber an sich kein Grund, den § 522 ZPO anzuwenden.
Klaus Schnitzler, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Familienrecht, Euskirchen