Besonderes Augenmerk verlangt die Entscheidung, da sie kurz und bündig feststellt, dass trotz der knappen Worte der Erblasserin im Testament gegen eine Einhaltung der Form des § 2336 BGB keine Bedenken bestünden, da eine hinreichende Konkretisierung im Sinne der erforderlichen Angabe eines Kernsachverhaltes mit diesen wenigen Worten erfolgt sei, zumal die Entziehung des Pflichtteils der Auslegung zugänglich sei und folglich das Ergebnis der Beweisaufnahme genügen müsse. Dies ist insofern beachtenswert, als die meisten Pflichtteilsentziehungen in der Vergangenheit stets schon an den hohen Anforderungen an die Angabe eines Kernsachverhalts gemäß § 2336 Abs. 2 BGB scheiterten.
Die formgerechte Verfügung der Pflichtteilsentziehung war auch Thema in einer Entscheidung des OLG Düsseldorf zur Pflichtteilsbeschränkung in guter Absicht. Dieses war etwas fordernder in Bezug auf die Einhaltung der Form des § 2336 Abs. 2 BGB (hier: in Verbindung mit § 2338 Abs. 2 S. 1 BGB). Die Eltern hatten gegenüber ihrem Sohn eine Pflichtteilsbeschränkung in guter Absicht wegen Überschuldung und Verschwendung gemäß § 2338 Abs. 1 BGB verfügt. Obwohl sie im entsprechenden Testament einzelne "Verschwendungstatbestände" angegeben hatten, chronologisch sortiert von der Internatszeit bis kurz vor Errichtung des beschränkenden notariellen Erbvertrages von 1991 unter stichwortartiger Angabe der Vorgänge und Nennung der "verschwendeten" Beträge, liest man in der Begründung der Entscheidung: "Soweit man eine Beschreibung des Kerngeschehens überhaupt im Wesentlichen oder in einzelnen relevanten Vorfällen für gegeben hält, …". Das Gericht musste sich aber in Bezug auf das Formerfordernis nicht festlegen, da es nach seiner Ansicht auch an einem Hang zur zweck- und nutzlosen Vermögensverwendung des Sohnes fehlte. Denn der Sohn hatte die ihm zur Verfügung stehenden Mittel zwar entgegen den Erwartungen seiner Eltern nicht angespart, sondern verkonsumiert und zum Teil sich nicht damit begnügt, die ihm zur Verfügung stehenden Mittel auszugeben, sondern auch Schulden gemacht und sich auch einmal verspekuliert. Das allein genügte dem Gericht aber nicht, um einen Fall von § 2338 BGB anzuerkennen. Um festzustellen, dass es sich um einen Hang zur zweck- und nutzlosen Vermögensverwendung handelte, wäre es nach Ansicht des Gerichts erforderlich gewesen, die jeweiligen Verwendungszwecke der Ausgaben nach Zweck und Nutzen zu bewerten. Solche Verwendungszwecke waren aber – bis auf wenige Ausnahmen – nicht im Testament angegeben (und konnten wohl auch sonst nicht festgestellt werden). Auch eine Überschuldung war weder durch die Angaben im Testament noch durch die tatsächlichen Feststellungen belegt; denn hierzu genügt bloße Zahlungsunfähigkeit nicht.
Der BGH hatte schließlich im "Muttermörderfall" entschieden, dass es dem Erfordernis der Angabe eines Kernsachverhaltes genügt, wenn die Erblasserin durch einen Verweis auf Faustschläge auf den Kopf am 13.1.1994 sowie auf das Inkaufnehmen eines plötzlichen Todes das Geschehen umschreibt.
Wenn auch der Gestaltungspraxis schon aus Gründen anwaltlicher Vorsicht und der Rechtssicherheit sicher weiterhin zu empfehlen sein wird, den der Pflichtteilsentziehung zugrunde liegenden Sachverhalt so ausführlich wie möglich in der Verfügung von Todes wegen zu beschreiben, so mag man vor dem Hintergrund dieser Entwicklung die Wirksamkeit der Verfügung eines Pflichtteilsentzugs mit etwas pauschalerer Angabe des Sachverhaltes nicht mehr von vorneherein in Frage stellen. Gerne dürften sich insoweit auch die von mir geäußerten Befürchtungen, man möge wohl am besten in Bezug auf den neuen Pflichtteilsentziehungsgrund das Aktenzeichen der Verurteilung in der Verfügung von Todes wegen angeben, als unbegründet erweisen.