Seit Inkrafttreten des FamFG hat auch das Eilverfahren mit der nun in §§ 49 ff. FamFG geregelten einstweiligen Anordnung eine besondere verfahrensrechtliche Ausgestaltung erlangt und die frühere vorläufige Anordnung abgelöst. Gerade mit Blick auf die angestrebte Verfahrensbeschleunigung in Kindschaftssachen kommt dem Eilverfahren die Bedeutung zu, ein etwaiges inhaltlich gleichgelagertes Hauptsacheverfahren nach Möglichkeit entbehrlich zu machen.[1]

Es darf aber nicht aus dem Blick verloren werden, dass unverändert das Eilverfahren als summarisches Verfahren ausgestaltet ist, in dem zwar Rechtsfragen einer umfassenden gerichtlichen Prüfung zuzuführen sind, allerdings auf der Grundlage eines lediglich glaubhaft zu machenden Tatsachenvortrages. Nicht präsente Beweismittel finden keine Berücksichtigung.

Die der materiellen Rechtskraft nicht fähige einstweilige Anordnung tritt nach § 56 Abs. 1 FamFG zudem u.a. dann auch außer Kraft, wenn eine anderweitige Regelung wirksam wird, etwa eine Hauptsacheentscheidung ergeht, wobei in kindschaftsrechtlichen Verfahren die Hauptsacheentscheidung gemäß § 40 Abs. 1 FamFG bereits mit ihrer Bekanntmachung wirksam wird, d.h. es nicht auf die Rechtskraft der Entscheidung ankommt.[2]

Kindschaftsrechtliche Verfahren sind typischerweise durch die notwendige Abwägung konkurrierender Grundrechtspositionen der Verfahrensbeteiligten geprägt. Um dabei irreversible Grundrechtseingriffe zu vermeiden, erlangt die Sicherung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes besondere Bedeutung und damit auch die Frage, ob ggf. das Hauptsacheverfahren abgewartet werden und damit vor allem auf die dort zur Verfügung stehenden Möglichkeiten einer gesicherteren Sachverhaltsaufklärung zurückgegriffen werden kann,[3] etwa auch eine sachverständige Begutachtung.

Stehen einschneidendere gerichtliche Maßnahmen, insbesondere auf der Grundlage von § 1666 BGB, in Rede, so bedarf es im summarischen Verfahren einer erhöhten Prüfungsdichte.[4] Die Anforderungen an die gerichtliche Sachverhaltsermittlung als Basis eines Eingriffs in das Elternrecht sind danach umso höher, je geringer der möglicherweise eintretende Schaden des Kindes wiegt und in je größerer zeitlicher Ferne der zu erwartende Schadenseintritt liegt, sodass gerade auch in einem parallel geführten Hauptsacheverfahren und der dort zu treffenden Entscheidung nach weitergehender Sachverhaltsaufklärung zeitlich ausreichend und angemessen einer möglichen Gefahr durch sodann stärkere Eingriffe in das Elternrecht noch Rechnung getragen werden kann.

Unzweifelhaft bedarf es eines sofortigen gerichtlichen Handelns bei Hinweisen auf einen Kindesmissbrauch. Allein der "Verdacht möglicher" pädophiler Neigungen eines Elternteils wird in der Regel jedoch in einem summarischen Verfahren nicht so weit aufzuklären sein, als dass hieraus ein so schwerwiegender Eingriff wie die Verweisung eines Elternteils aus der Familienwohnung als verhältnismäßig zu rechtfertigen wäre.

Monika Clausius, Rechtsanwältin und Fachanwältin für Familienrecht, Saarbrücken

FF 3/2019, S. 110 - 112

[1] BT-Drucks 16/6308, 173.
[4] BVerfG FamRZ 2014, 907.

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