Elternunterhalt
OLG Koblenz, Beschl. v. 12.8.2020 – 9 UF 119/20, juris (Orientierungssätze) m. Anm. Schürmann, jurisPR-FamR 3/2021 Anm. 7
1. Als angemessener Unterhalt müssen auch bei bescheidenen wirtschaftlichen Verhältnissen diejenigen Mittel angesehen werden, durch die das Existenzminimum der Eltern sichergestellt werden kann und die demgemäß als Untergrenze des Bedarfs zu bewerten sind. (Rn 44)
2. Ein unterhaltsrechtlicher Mehrbedarf kann sich aus der Erforderlichkeit einer psychosozialen Betreuung und der Vornahme tatsächlicher Betreuungs- und Pflegeleistungen ergeben. (Rn 48)
3. Werden Eingliederungshilfe und Hilfe zur Pflege nach §§ 61 ff. SGB XII bezogen, besteht ein ungedeckter unterhaltsrechtlicher Bedarf des Bedürftigen fort, so dass auch ein Unterhaltsanspruch des Elternteils gegen das Kind bis zur Höhe der sonstigen Hilfen nach § 94 Abs. 1 SGB XII auf den Sozialhilfeträger übergeht. (Rn 60)
Elterliche Sorge und Umgang
BGH, Beschl. v. 2.12.2020 – XII ZB 303/20
a) Ist die Beistandschaft des Jugendamts beendet, erlangt der sorgeberechtigte Elternteil die gesetzliche Vertretung des Kindes zurück und kann Verfahrenshandlungen, bei denen das Kind nicht wirksam gesetzlich vertreten war, rückwirkend genehmigen (Fortführung von BGHZ 106, 96, 100 = FamRZ 1989, 269, 270).
b) Der Vertretungsmangel kann in jeder Lage des Verfahrens geheilt werden, und zwar auch noch nach Ablauf der Rechtsmittelfrist in der jeweiligen Instanz bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung bzw. zum Zeitpunkt der Beschlussfassung (im Anschluss an BGH Beschl. v, 14.12.2017 – V ZB 35/17, Grundeigentum 2018, 397).
OLG Karlsruhe, Beschl. v. 16.12.2020 – 20 UF 56/20
1. Zur Frage, ob und inwieweit die Ermöglichung einer geteilten Betreuung im Sinne eines Wechselmodells auch im Rahmen eines Sorgerechtsstreits (Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts) erfolgen kann (hier: offengelassen).
2. Ein Wechselmodell ist auf Seiten des Kindes nur in Betracht zu ziehen, wenn eine auf sicherer Bindung beruhende tragfähige Beziehung zu beiden Elternteilen besteht. Wesentlicher Aspekt ist zudem, vor allem bei Kindern im Jugendalter, der vom Kind geäußerte Wille. Im Verhältnis der Eltern erfordert das Wechselmodell regelmäßig einen erhöhten Abstimmungs- und Kooperationsbedarf, so dass bei bestehender hoher elterlicher Konfliktbelastung ein Wechselmodell in der Regel nicht dem Kindeswohl entspricht (vgl. BGH, Beschl. v. 1.2.2017 – XII ZB 601/15).
3. Kommt danach ein Wechselmodell nicht (mehr) in Betracht, kann das gemeinsame Aufenthaltsbestimmungsrecht nicht beibehalten werden, weil die Eltern sich über den künftigen Lebensmittelpunkt ihres Sohnes nicht einig sind.
Betreuung und Unterbringung
BGH, Beschl. v. 4.11.2020 – XII ZB 436/19
Lebt der Betroffene in einer angemieteten Wohnung und bezieht er von einem gesonderten Anbieter ambulante Betreuungsleistungen, so hält er sich damit grundsätzlich noch nicht in einem Heim gemäß § 5 Abs. 3 VBVG aF auf (im Anschluss an Senatsbeschl. v. 28.11.2018 – XII ZB 517/17, FamRZ 2019, 477 und v. 20.5.2020 – XII ZB 226/18, FamRZ 2020, 1408).
BGH, Beschl. v. 2.12.2020 – XII ZB 456/17
a) Dass die Vorinstanz dem Betroffenen keinen Verfahrenspfleger bestellt hat, stellt unabhängig davon, ob die Nichtbestellung rechtsfehlerhaft war, für sich genommen keinen Wiedereinsetzungsgrund im Sinne des § 17 FamFG dar. Maßgeblich ist vielmehr allein, inwieweit dem Betroffenen selbst – bzw. einem ihn vertretenden Verfahrensbevollmächtigten – ein Verschulden an der Fristversäumung zur Last fällt.
b) Ein Wiedereinsetzungsgrund im Sinne des § 17 FamFG kann sich wegen § 275 FamFG grundsätzlich nicht schon aus der die Betreuungsbedürftigkeit begründenden psychischen Krankheit des Betroffenen als solcher ergeben (Fortführung des Senatsbeschl. v. 15.7.2020 – XII ZB 78/20, FamRZ 2020, 1667).
c) Ausnahmsweise ist im Rahmen der Verschuldensprüfung gemäß § 17 Abs. 1 FamFG durch das Rechtsmittelgericht die die Betreuungsbedürftigkeit begründende Erkrankung des Betroffenen jedoch zu berücksichtigen, wenn die Vorinstanz unter offensichtlichem Verstoß gegen § 276 FamFG keinen Verfahrenspfleger bestellt hat.
d) Ein solcher offensichtlicher Verstoß gegen § 276 FamFG liegt namentlich vor, wenn die Bestellung eines Verfahrenspflegers unterblieben ist, obwohl die Anordnung eines umfassenden Einwilligungsvorbehalts in Vermögensangelegenheiten in Betracht gekommen ist.
BGH, Beschl. v. 21.10.2020 – XII ZB 153/20
a) Sieht das Betreuungsgericht entsprechend § 288 Abs. 1 FamFG von der Bekanntgabe eines Gutachtens an den Betroffenen ab, kann durch die Bekanntgabe des Gutachtens an den Verfahrenspfleger allenfalls dann ein notwendiges Mindestmaß rechtlichen Gehörs sichergestellt werden, wenn zusätzlich die Erwartung gerechtfertigt ist, dass der Verfahrenspfleger mit dem Betroffenen über das Gutachten spricht. Letzteres setzt in der Regel einen entsprechenden Hinweis des Betreuungsgerichts an den Verfahrenspfleger voraus (im Anschluss an Senatsbeschl. v. 11.3.2020 – XII ZB 496/19, FamRZ 2020, 1124).
b) Auch wenn der Sachverständige den Betroffenen ...