Vorab: Die Entscheidung behandelt den Gesamtschuldnerausgleich nach Trennung der Eheleute schulbuchmäßig und ist deshalb ein anschauliches Beispiel für die sachgerechte Behandlung solcher Fälle.
Zutreffend stellt das OLG zunächst heraus, dass die Trennung der Eheleute eine Zäsur für die interne Haftung für gemeinsame Schulden bedeutet. Denn während der Ehe ist in der Regel davon auszugehen, dass sie im Innenverhältnis keinen Ausgleich für Leistungen auf solche Verbindlichkeiten verlangen wollen, sondern dass diese Leistungen als Beiträge zur gemeinsamen Lebensführung dienen sollen. Man spricht in diesem Zusammenhang von einer "familienrechtlichen Überlagerung" des Gesamtschuldnerverhältnisses, die während intakter Ehe eine anderweitige Bestimmung im Sinne des § 426 I S. 1 BGB ist. Nach der Trennung entfällt die Rechtfertigung für diese Annahme, weil es keine gemeinsame Lebensführung mehr gibt. Auch die Vermutung des § 1360b BGB greift dann nicht mehr, weil getrennt lebende Ehegatten einander keinen Familienunterhalt schulden. Im Grundsatz haften die Ehegatten für gemeinsame Schulden nach der Trennung deshalb im Innenverhältnis zu gleichen Teilen; wer eine für ihn günstigere Haftungsverteilung erreichen möchte, muss eine anderweitige Bestimmung darlegen und ggfs. beweisen. Diese kann sich aus einer gesetzlichen Regelung, ausdrücklicher oder konkludenter Vereinbarung, aus Inhalt und Zweck des Rechtsgeschäfts oder auch aus der "Natur der Sache" ergeben, worunter der BGH die "besondere Gestaltung des tatsächlichen Geschehens" versteht. Die Rechtsprechung hat hierfür typische Sachverhalte Fallgruppen entwickelt, mit denen sich die meisten Probleme sachgerecht lösen lassen.
Wenn nach Scheitern der Ehe nur ein Ehegatte von dem kreditfinanzierten Gegenstand profitiert, ist in der Regel von einer anderweitigen Bestimmung auszugehen, nach der er ab diesem Zeitpunkt auch im Innenverhältnis für den Kredit allein aufkommen muss. Abweichend davon kann die anderweitige Bestimmung im gesetzlichen Güterstand erst nach Zustellung des Scheidungsantrags anzunehmen sein, nämlich dann, wenn die Tilgung des Kredits auch die Schulden des anderen Ehegatten mindert und damit sein (End-) Vermögen mehrt.
Das Amtsgericht hat diesen Gedanken des alleinigen Profitierens in seiner Entscheidung aufgegriffen, aber nicht konsequent angewendet. Es hat den vom Ehemann bei der späteren Veräußerung des Pkw erzielten Erlös (10.000 EUR) von der gesamten Kreditsumme abgezogen und hinsichtlich des Restbetrags die hälftige Haftung der Ehegatten angenommen. Das überzeugt nicht, weil es für die Frage, welcher Ehegatte von dem kreditfinanzierten Gegenstand allein profitiert, auf die tatsächliche Nutzung und nicht auf den von ihm realisierten wirtschaftlichen Wert ankommen muss. Wäre der Pkw hier z.B. durch einen Unfall wertlos geworden, nachdem der Ehemann ihn für sich behalten hatte, hätte das nichts an der alleinigen Haftung des Ehemannes für den zu seiner Finanzierung verwendeten Teilkredit geändert. Richtigerweise hat das OLG die Entscheidung des Amtsgerichts deshalb abgeändert und dem Ehemann die alleinige Haftung für den Teil der Kreditsumme zugewiesen, der zur Anschaffung des Pkw verwendet worden war (17.700 von insgesamt 38.000 EUR).
Den restlichen Teil der Kreditsumme, 20.300 EUR, hatten die Ehegatten zunächst auf ein gemeinsames Oder-Konto überwiesen und von dort größtenteils auf Einzelkonten verteilt. Die Ehefrau sah darin eine verbindliche Aufteilung des gemeinsamen Guthabens und damit eine anderweitige Bestimmung des Inhalts, dass die interne Haftung für diesen Teilkredit sich nach den jeweils überwiesenen Beträgen richten müsse. Dieser Argumentation hat sich das OLG zu Recht nicht angeschlossen. Vielmehr führt es überzeugend aus, dass Ehegatten mit der Einrichtung eines Oder-Kontos in der Regel konkludent vereinbaren, für Abhebungen des jeweils anderen während intakter Ehe keinen Ausgleich verlangen zu wollen. Ausgenommen von diesem Ausgleichsverzicht sind lediglich missbräuchliche Abhebungen, die ein Ehegatte lediglich in seinem eigenen Interesse vornimmt. Ein solcher Missbrauch lag hier aber gerade nicht vor, denn der Ehemann hatte die auf sein Konto überwiesenen Gelder ausschließlich für gemeinsame Zwecke der Ehegatten verwendet.
Im Ergebnis haftet die Ehefrau damit zur Hälfte für 20.300/38.000stel des Kredits, abgerundet ½ von 53 %, was bei einer monatlichen Kreditrate von 643 EUR einem Anteil von 170,40 EUR entspricht. Diesen Betrag muss sie dem Antragsteller für die Zeit ab Trennung monatlich erstatten, zugleich muss sie ihn für die restliche Laufzeit des Kredits in dieser Höhe monatlich freistellen.
Direktor des AmtsG Andreas Frank, Cuxhaven
FF 3/2021, S. 122 - 126