Für die Berechnung des gesetzlichen Unterhaltsanspruchs, der sich ohne die Kürzung ergeben würde, ist wichtig zu wissen, dass das Ergebnis ein rein fiktives ist. Das wird durch zwei Gründe bedingt:
Beträgt die Kürzung beispielsweise 600 EUR, ergibt sich aber ohne die Kürzung rechnerisch nur ein Unterhaltsanspruch von 400 EUR, wird die Kürzung nur in Höhe von 400 EUR ausgesetzt. Der Unterhaltsanspruch ergäbe sich in dieser Höhe aber nur, wenn die Kürzung in voller Höhe ausgesetzt worden wäre. Zwangsläufig liegt dann der tatsächliche Unterhaltsanspruch nach nur teilweiser Aussetzung der Kürzung unter dem fiktiven Unterhaltsanspruch.
Doch selbst bei vollständiger Aussetzung der Kürzung ergibt sich in aller Regel ein niedrigerer Unterhaltsanspruch, als ohne die Kürzung berechnet. Das liegt daran, dass der fiktive Unterhaltsanspruch nach ganz überwiegender Ansicht nicht aus dem Nettobetrag, sondern aus dem Bruttobetrag der gekürzten Versorgung zu berechnen ist. In diesem Sinne wird die Gesetzesbegründung zu § 33 VersAusglG verstanden. Dem Unterhaltsschuldner steht aber für den tatsächlichen Unterhaltsanspruch nur der Nettobetrag seiner Rente zur Verfügung.
Im Beispielsfall 1 hätten Amtsgericht und OLG den fiktiven Unterhaltsbetrag daher nach h.M. nicht aus der Nettopension des M von 2.355,89 EUR, sondern aus der Bruttopension von 3.402,11 EUR berechnen müssen. Dann hätte sich insoweit eine Grenze von (3.402,11 EUR Bruttopension – 1.202,48 EUR bereinigtes Einkommen der F)/2 = 2.199,63 EUR/2 = rund 1.100 EUR ergeben. Das Gericht hat stattdessen mit der Nettopension des M gerechnet und ist auf (2.355,89 EUR – 1.202,48 EUR)/2 = 1.153,41 EUR/2 = 576,71 EUR gekommen. Dieser Betrag lag unter der weiteren maßgeblichen Grenze des vereinbarten Unterhalts von 600 EUR.
Grundsätzlich kommt eine Orientierung des Familiengerichts an einem bestehenden Unterhaltstitel in Betracht. Es kann sich beispielsweise um einen Beschluss oder um einen Unterhaltsvergleich handeln. Jedoch sind Abänderungsmöglichkeiten (§§ 238, 239 FamFG) zu berücksichtigen. Liegt der vereinbarte Unterhalt unter dem gesetzlichen Unterhalt, ist dies grundsätzlich zu beachten (dazu s. aber näher unten V.). Unklar und umstritten ist, ob bei der Prüfung des gesetzlichen Unterhaltsanspruchs auch eine mögliche Begrenzung nach den §§ 1578b, 1579 BGB nur bei Geltendmachung durch den unterhaltspflichtigen Ehegatten oder von Amts wegen zu berücksichtigen ist. Für letzteres kann die Intention des Gesetzgebers sprechen, Manipulationen zu Lasten der Versorgungsträger zu vermeiden. Dann bleibt aber das Problem, dass das Familiengericht auf Hinweise zu Umständen zu den §§ 1578b, 1579 BGB angewiesen ist. Eine vermittelnde Lösung kann so aussehen, dass das Familiengericht bekannte Umstände berücksichtigen, unbekannte aber nicht von Amts wegen ermitteln muss.
Im Beispielsfall 1 ging es um Unterhaltszahlungen seit 2001. Es kam daher in Betracht, auch von Amts wegen über die Frage einer Begrenzung/Befristung nachzudenken. Geschehen ist das wohl nicht.