Bereits der Anwendungsbereich der geplanten Verordnung ist nach aktuellem Stand problematisch. Zum einen werden zwar internationale Adoptionen im Sinne des Haager Adoptionsübereinkommens[88] vom sachlichen Anwendungsbereich ausgenommen (Art. 1 (2) (e)), nicht aber sonstige internationale Adoptionen, d.h. Adoptionen mit internationalen Elementen (ausdrücklich ErwG 21, 26), sodass auch hier das nationale Kollisions- und Verfahrensrecht durch die Verordnung verdrängt würde. Die Kollisionsnormen (dazu c)) sind aber offensichtlich auf Abstammungsfragen, nicht aber Adoptionsfragen zugeschnitten.

Weiterhin ist der Akt territorial beschränkt, da er nur die Anerkennung von Elternschaften innerhalb der EU regeln möchte. Hier liegt aber ein dogmatisches Grundproblem des Vorschlags verborgen: Anwendbar ist er nur auf Elternschaften, die in einem Mitgliedstaat "etabliert" wurden – soweit die Elternzuordnung aber nicht per Gerichtsentscheidung etabliert ist, entsteht sie regelmäßig von Gesetzes wegen, etwa durch Geburt und Ehe mit der Geburtsperson (s.o., I.). Unklar bleibt, wie in diesem Fall, der den Großteil aller Elternschaften weltweit betrifft, eine geografische Verortung stattfinden soll. Der Ort der Geburt? Der Ort der (ersten?) Geburtsregistrierung? Der gewöhnliche Aufenthalt der Geburtsperson? Das Heimatrecht aller Personen, die von einer Rechtsordnung als Eltern angesehen werden? Jeder Ort, an dem eine Rechtsordnung Rechtsfolgen an den Geburtsvorgang knüpft? Solange diese Frage nicht beantwortet ist, lässt die Verordnung sich nicht sinnvoll verwenden, da der Gegenstand, die anzuerkennenden Elternschaften, nicht klar festgelegt ist.

[88] Übereinkommen vom 29.5.1993 über den Schutz von Kindern und die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der internationalen Adoption.

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