Die Darstellung der Grundzüge des neuen Versorgungsausgleichsrechts lässt erkennen, dass dieses bereits heute im Rahmen der anwaltlichen Beratungs- und Vertretungspraxis einen hohen Stellenwert einnehmen muss. Es ist Aufgabe der beteiligten Rechtsanwälte zunächst festzustellen, ob die Einleitung des Scheidungsverfahrens und damit des Versorgungsausgleichsverfahrens nach derzeitigem Recht oder nach künftigem Recht für den Mandanten günstiger ist. Die künftigen Renten der Beteiligten stellen einen maßgeblichen Wertanteil der Scheidung dar. Dies ist bereits an der Auffassung des Bundesgerichtshofs zu erkennen, der den Versorgungsausgleich zum Kernbereich des Scheidungsfolgenrechts zählt.
Der beteiligte Familienanwalt wird genauestens überprüfen müssen, welche Konsequenzen der Versorgungsausgleich nach derzeitigem aber auch künftigem Recht für seinen Mandanten hat.
Insbesondere in Fällen des derzeitigen schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs wird in der Regel künftig eine Besserstellung des Berechtigten erfolgen. Derzeit ist der Verpflichtete ähnlich wie im Unterhaltsrecht zur Zahlung im Rahmen des beiderseitigen Rentenbezugs verpflichtet. Nach Versterben des Berechtigten kann der Verpflichtete in der Regel seine ungekürzte Rente genießen.
Künftig wird auf Grund der durchzuführenden Realteilung eine eigenständige Versorgung des Berechtigten begründet. Diese geht einher mit der endgültigen Kürzung der korrespondierenden Versorgung des Verpflichteten. Für ihn besteht lediglich die Anpassungsmöglichkeit nach § 38 VersAusglG-E.
Der Wegfall des Rentner- bzw. Pensionärsprivilegs wie auch die Veränderung des Unterhaltsprivilegs stellen erhebliche Einschnitte für den Ausgleichsverpflichteten dar.
Die entscheidenden Veränderungen ergeben sich jedoch im Rahmen der betrieblichen und privaten Altersversorgungen. Eine Umrechnung und damit Vergleichbarmachung der Anrechte gegenüber der gesetzlichen Rentenversicherung erfolgt künftig nicht mehr. Die damit einhergehende Abwertung der Versorgungen entfällt. Der Berechtigte wird künftig vielmehr eine eigenständige Versorgung im Rahmen der Realteilung erhalten.
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass der ausgleichsberechtigte Ehegatte, der im Rahmen der Scheidung mit der Verweisung auf den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich rechnen muss, im Zweifelsfalle mit der Einleitung des Scheidungsverfahrens bis zum Eintreten des neuen Versorgungsausgleichsgesetzes warten sollte.
Im Gegensatz dazu sind die Nachteile für den Ausgleichspflichtigen im Rahmen des neuen Versorgungsausgleichsgesetzes so massiv, dass diesem insbesondere im Hinblick auf das Rentner- und Pensionärsprivileg dringend zur zügigen Einreichung des Scheidungsantrags geraten werden muss.