Der Bundestag hat am 13.2.2020 mit der Verabschiedung der Neuregelung zur Stiefkindadoption den Antrag der FDP-Fraktion abgelehnt, der zusammengefasst fordert:
"Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung daher auf,"
1. einen Entwurf zur Änderung des BGB, insbesondere des § 1741 Abs. 2 BGB vorzulegen, der nichteheliche Lebensgemeinschaften und Ehe bei der Adoption eines Kindes gleichstellt.
2. dem Bundestag einen Entwurf zur Änderung des BGB, insbesondere des § 1741 Abs. 2 BGB vorzulegen, der die Einzeladoption auch für einen Ehepartner zulässt.“
Hierzu enthält der Antrag einleitend gesellschaftspolitische Behauptungen, die einer kritischen Hinterfragung bedürfen.
1. Prämissen/Allgemeines
Der vorgenannte Antrag zielt auf eine vollkommene Gleichstellung nichtehelicher Lebensgemeinschaften und Ehen im Adoptionsrecht sowie auf die Öffnung der Einzeladoption für Ehegatten. Nach der Begründung des Antrages, bleibe der RegE hinter den Anforderungen des BVerfG zurück. Eine Diskriminierung der fremden Kinder, die in einer faktischen Pflegefamilie aufwachsen, liege auf der Hand, da deren Adoption durch die nichtehelich verbundene Pflegefamilie ausgeschlossen sei. Dass Ehegatten ein Kind nicht alleine adoptieren können, sei nicht hinnehmbar.
2. Feststellungen (I. des Antrages)
Zunächst fordert der Antrag die Feststellung, dass Familie überall dort sei, wo Menschen dauerhaft und verbindlich füreinander Verantwortung übernehmen. Unklar bleibt insoweit, inwiefern damit der Familienbegriff und insbesondere mit welchen rechtlichen Auswirkungen definiert werden soll. Bestimmte Konstellationen des Zusammenlebens sieht der Antrag nicht vor. Es wird lediglich ausgeführt, dass es "Paaren" in nichtehelicher Lebensgemeinschaft zu ermöglichen sei, wie Ehegatten gemeinsam zu adoptieren. Der (eigentliche) Antrag dürfte sich daher auf Adoptionen von nichtehelichen Lebensgemeinschaften bei Zwei-Personen-Beziehungen richten.
Dass sich – worauf der Antrag hinweist – die Rechtsordnung der Lebenswirklichkeit der Menschen anzunehmen hat, ist zutreffend. Gleiches gilt für die Annahme, dass nichteheliche Lebensgemeinschaften mit Kindern zur gesellschaftlichen Normalität gehören. Zutreffend führt der Antrag auch aus, dass jeder Adoption gemäß § 1741 Abs. 1 Satz 1 BGB eine intensive Kindeswohlprüfung vorauszugehen hat.
Die mit dem Antrag intendierte Aussage, mit dem RegE und damit letztendlich auch mit der beschlossenen Gesetzesänderung werde nichtehelichen Lebenspartnern die Adoption von Kindern verwehrt, bedarf der Richtigstellung. Die Stiefkindadoption wird in nichtehelichen Lebensgemeinschaften durch die Neuregelung ausdrücklich ermöglicht (s.o.).
Auch die Adoption fremder Kinder ist zulässig, wenngleich im Wege der Sukzessivadoption. Die mit dem zweifachen Adoptionsverfahren und der doppelten Kindeswohlprüfung einhergehenden Beeinträchtigungen, die weniger bei dem Kind als allenfalls bei den Partnern der nichtehelichen Lebensgemeinschaft durch die Beanspruchung im Laufe der Adoptionsverfahren eintreten könnten, sind – wie auch die darin liegende Ungleichbehandlung zur gemeinsamen Adoption fremder Kinder durch Ehegatten de lege lata – nicht von sehr intensivem Umfang. Die Sukzessivadoption führt letztendlich bei entsprechenden positiven Kindeswohlprüfungen ebenfalls zu einer gemeinsamen rechtlichen Elternschaft wie bei der Adoption fremder Kinder durch Ehegatten.
Wenn der Antrag unter Berufung auf den Bundesverband der Pflege- und Adoptivfamilien ausführt, dass die "Vision" der Ehe als langanhaltende Partnerschaft nicht mehr der Realität entspreche, so kann dem nicht gefolgt werden. Aus dem Umstand, dass sich die nichteheliche Lebensgemeinschaft neben der Ehe als weitere Familienform in der Realität etabliert hat, ist nicht zu schließen, dass die bewusste Entscheidung der Ehegatten zur Eingehung der Ehe eine langanhaltende Partnerschaft nicht im Blick hat. Auch das BVerfG führt in seinem Beschl. v. 26.3.2019 aus, dass knapp drei Viertel der minderjährigen Kinder im Jahr 2017 bei Ehepaaren "groß wurden". Die Zahl der Eheschließungen in Deutschland lag in den Jahren 2001 bis 2014 auf relativ konstanter Höhe zwischen 368.922 und 389.591. Sei...