Eine Entscheidung des OLG Bamberg soll hier behandelt werden, weil sie über ihren strafprozessualen Hauptaspekt hinaus wichtige materielle und prozessuale Fragen der illoyalen Vermögensverfügungen beim Zugewinnausgleich berührt.
Der Tatvorwurf einer strafrechtlichen Anklage gegen den Ehemann lautete, er habe das in seinem Alleineigentum stehende Hausgrundstück verkauft und den Erlös absichtlich verspielt, damit seine Ehefrau keinen Zugewinnausgleich verlange könne. Dies in Kenntnis der Tatsache, dass das Scheidungsverfahren bereits seit 2 Jahren anhängig war (Tatzeitpunkt Juni/Juli 2017, Einreichung des Scheidungsantrags 20.7.2015. Das OLG Bamberg hatte zu entscheiden, ob er sich wegen Untreue strafbar gemacht hatte und lehnte die Eröffnung des Hauptverfahrens aus rechtlichen Gründen ab (§ 204 Abs. 1 StPO). Zunächst der redaktionelle Leitsatz der FamRZ:
Die Entscheidung wurde wie folgt begründet, wobei das OLG ersichtlich nur von einer möglichen Verschwendung und der möglichen Zurechnung zum Endvermögen ausgegangen ist: Der Straftatbestand des § 266 StGB erfordere eine Vermögensbetreuungspflicht, die bei Ehegatten aber schon allgemein nicht bestehe und sich auch nicht aus § 1375 Abs. 2 BGB ableiten lasse. Zunächst ergebe sich aus den §§ 1363 Abs. 2, 1364 Hs. 1 BGB, dass die Vermögensverwaltung jedes Ehegatten eine eigennützige und damit gerade keine fremdnützige sei. Auch die §§ 1365 ff. BGB dienten in erster Linie dem Schutz der wirtschaftlichen Grundlage der Familie, wenn sie daneben auch den Zugewinnausgleichsanspruch schützten. Dies mag sich, so ist hier anzumerken, anders verhalten, wenn die Ehegatten einen Vermögensverwaltungsvertrag geschlossen hatten. Das BGB kennt diesen Vertrag, erwähnt ihn in § 1413 BGB und er kann auch schlüssig zustande kommen.
Auch eine illoyale Vermögensverfügung i.S.d. § 1375 Abs. 2 BGB, so das OLG weiter, sei nicht strafbar, wie der Ausnahmecharakter der Vorschrift zeige (Ausnahme von der Eigennützigkeit der Vermögensverwaltung, s.o.). Ohne auf diese Rechtsansicht näher einzugehen oder sie hier sogar zu kritisieren, gibt die Entscheidung doch einen willkommenen Anlass zu weitergehenden Hinweisen:
Der Tatvorwurf der illoyalen Vermögensverfügung in Kenntnis des (bereits zwei Jahre) zuvor ausgelösten Endstichtags nach § 1384 BGB könnte schon vor der Prüfung einer strafrechtlich relevanten Treuepflicht ins Leere gehen, denn illoyale Handlungen nach § 1375 Abs. 2 Satz 1 Z. 1. – 3. BGB (insbesondere Verschwendung nach Z. 2) müssen vor dem Endstichtag erfolgt sein. Nur dann können sie und danach müssen sie gar nicht mehr dem (übrig gebliebenen) Endvermögen hinzugerechnet werden. In diesem Fall hätte der Ehefrau vielmehr § 1375 Abs. 2 Satz 2 BGB geholfen, das Vorhandensein sonstigen vollstreckbaren Endvermögens vorausgesetzt. Dies wäre in diesem Fall auch unproblematisch, weil F ja von dem Hausgrundstück des M Kenntnis gehabt haben wird. Problematisch ist aber – und damit weist das seit dem 01.09.2009 geltende "neue" Zugewinnausgleichsrecht eine Schutzlücke auf – der Fall, dass es zwischen Rechtshängigkeit und Rechtskraft zu Vermögensverschiebungen kommt, die selbst bei korrekten Auskünften zum Trennungszeitung nicht sichtbar werden.
Schließlich ist noch denkbar, dass eine illoyale Vermögensverfügung nach der Trennung nicht auffällt, weil sie durch den Bilanzvergleich nicht erkennbar ist, weil sie zwischendurch über einen anderweitigen Vermögenserwerb kompensiert wurde.
Beispiel:
M deklariert ein Trennungsvermögen und ein Endvermögen von jeweils 1 Mio EUR. Er hatte nach der Trennung Bargeld von 500000EUR beiseitegeschafft und danach 500000EUR im Lotto gewonnen. Beide Auskünfte sind richtig, und dennoch ist das auf ihnen beruhende Ergebnis falsch. Die Illoyalität des M bleibt unentdeckt.
Und auch bei einer weiteren Konstellation kommt § 242 BGB nach der Trennung noch zum Tragen, die der Gesetzgeber des neuen § 1379 BGB wohl nicht bedacht hat:
Beispiel:
M gewann nach der Trennung, aber vor der Zustellung des Scheidungsantrags 1 Mio. EUR im Lotto, schaffte das Geld aber nicht beiseite, sondern verschwieg es beim Endvermögen. In der Auskunft zum Trennungsvermögen erschien der Gewinn nicht, was der Wahrheit entsprach, denn er war ja noch nicht angefallen. Ein Bilanzvergleich ist nicht möglich und die neue Vorschrift mitsamt ihrer Kontrollfunktion versagt.
Die neue Beweislastumkehr des § 1375 Abs. 2 Satz 2 BGB hilft ihr nicht, denn sie knüpft an das Trennungsvermögen an. Auch hier wird die Schutzlücke sichtbar.
Es sollte noch § 242 BGB anzuwenden sein, und genau diesen Weg hat der Bundesgerichtshof mit dieser Entscheidung offengelassen. Nur dann erfährt F, wie der Zugewinn des M zu berechnen ist.