Einführung
Die Rechtsfigur des Verfahrensbeistandes ist mit Wirkung vom 1.9.2009 durch das Gesetz zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FGG-RG) eingeführt worden. Letztmalig wurde sie geändert durch das Gesetz zur Bekämpfung sexualisierter Gewalt gegen Kinder vom 16.6.2021. Es enthält in Art. 5 Änderungen über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit. Damit wird die Vorschrift des § 158 FamFG a.F. durch die §§ 158–158c FamFG in zwei Stufen ersetzt. Grundsätzlich tritt die Neuregelung mit Wirkung vom 1.7.2021 in Kraft. Lediglich die Vorschrift des § 158a FamFG greift erst mit Wirkung vom 1.1.2022 ein. Während es nach altem Recht bislang lediglich eine Vorschrift zum Verfahrensbeistand gab, hat das Gesetz zur Bekämpfung sexualisierter Gewalt gegen Kinder hierzu nunmehr vier Normen mit folgendem Inhalt erlassen:
Diese Änderungen verbessern "die Lesbarkeit, Anwendungsfreundlichkeit und die Sichtbarkeit der Regelungen". Dem Gesetzgeber ist zu attestieren, dass er die §§ 158 ff. FamFG hinsichtlich der Verfahrensbeistandschaft übersichtlich strukturiert hat. "Der Gesetzesaufbau entspricht im Wesentlichen dem zeitlichen Ablauf des kindschaftsrechtlichen Verfahrens", wie Menne zutreffend ausführt.
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- Bestellung des Verfahrensbeistands, § 158 FamFG,
- Eignung des Verfahrensbeistands, § 158a FamFG,
- Aufgaben und Rechtsstellung des Verfahrensbeistands, § 158b FamFG und
- Vergütung und Kosten, § 158c FamFG.
1. Bestellung des Verfahrensbeistands, § 158 FamFG
a) Anhängigkeit eines gerichtlichen Verfahrens
Voraussetzung für die Bestellung eines Verfahrensbeistandes ist stets, dass überhaupt ein gerichtliches Verfahren anhängig ist, § 158 Abs. 1 Satz 1 FamFG. Denn der eigenständige Interessenvertreter des Minderjährigen ist ein Verfahrensbeistand. Ohne ein gerichtliches Verfahren gibt es daher keinen Verfahrensbeistand! Ist das Verfahren mit einer abschließenden Endentscheidung beendet worden, ist der Verfahrensbeistand nicht mehr berechtigt, irgendwelche Anträge zu stellen.
b) Gewährung rechtlichen Gehörs vor der Verfahrensbeistandsbestellung
Das Familiengericht muss vor der Bestellung des Verfahrensbeistandes den Eltern als Verfahrensbeteiligte i.S. des § 7 FamFG grundsätzlich rechtliches Gehör gewähren. Dies ist sowohl in Hinblick auf die Steigerung der Verfahrenseffizienz als auch im Hinblick auf das Risiko der Eltern, nach Abschluss des Verfahrens mit den Kosten des Verfahrensbeistandes belastet zu werden, unbedingt erforderlich. Kommt das Gericht dieser Verpflichtung nicht nach, dürfen einem Beteiligten unter dem Gesichtspunkt einer unrichtigen Sachbehandlung (§ 20 Abs. 1 FamGKG) keine Kosten für die Verfahrensbeistandsbestellung auferlegt werden, wenn sich im Nachhinein herausstellt, dass die Verfahrensbeistandsbestellung unnötig gewesen ist. Auch die zwingende Bestellung des Verfahrensbeistandes in den Fällen des § 158 Abs. 2 FamFG ändert an der Gewährung des rechtlichen Gehörs nichts. Denn auch in diesen Fallkonstellationen dient die Gewährung des rechtlichen Gehörs der Verfahrenseffizienz. Sie kann in der Feststellung bestehen, ob der Verfahrensbeistand z.B. über besondere Sprachkenntnisse verfügt, sodass ein Dolmetscher nicht mehr hinzugezogen werden muss.
c) Erforderlichkeit der Verfahrensbeistandsbestellung
Dem Wortlaut der Grundnorm des § 158 Abs. 1 Satz 1 FamFG ist zu entnehmen, dass eine Verfahrensbeistandsbestellung in Betracht kommt, wenn dies zur Wahrnehmung der Interessen des Kindes erforderlich ist. Hieraus ergibt sich, dass nach der Konzeption des Gesetzes die Bestellung des Verfahrensbeistands nicht in allen Kindschaftssachen erfolgen soll. Sie kommt daher n...