Die Anerkennung der Elternschaft zwischen den Mitgliedsstaaten der EU wird in Zukunft eine größere Rolle spielen. Denn nicht überall dürfen Kinder nur zwei Eltern haben, auch die altruistische Leihmutterschaft ist nicht in allen Mitgliedstaaten tabu. Die Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hatte in ihrer Rede zur Lage der Union 2020 unter anderem gesagt: "In diesem Zusammenhang werde ich mich auch für die gegenseitige Anerkennung familiärer Beziehungen in der EU einsetzen, wenn Sie Vater oder Mutter sind, sind Sie in jedem Land Vater oder Mutter". Eine Expertengruppe der Europäischen Kommission wurde unlängst zu diesen Fragen eingesetzt, die das Kollisions- und Anerkennungsrecht harmonisieren helfen soll. Prof. Dr. Susanne Lilian Gössl von der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel ist Mitglied dieser Experten Gruppe. In ihrem Vortrag gab sie einen Überblick über die nationalen Regelungen und berichtete schließlich über geplante Gesetzesvorhaben in der EU. Es soll das umgesetzt werden, was der EuGH schon im Dezember 2021 entschieden hat: Eine von einem EU-Staat anerkannte Beziehung zwischen Eltern und Kind muss auch von allen anderen EU-Staaten anerkannt werden. Dafür reicht die rechtliche Elternschaft aus. Ob es sich auch um den leiblichen Elternteil handelt, spielt keine Rolle. In der EuGH-Entscheidung ging es um ein Kind, für das in Spanien zwei Frauen die rechtliche Elternschaft bescheinigt worden war. Ein Kind mit zwei Müttern, hierzulande ist das bisher nur durch eine Stiefkindadoption möglich. Aber hier sind Reformen zu erwarten, auch das stellte Prof. Gössl in ihrem Fazit fest. Die Erfolgsaussichten, auf europäischer Ebene das Recht zu vereinheitlichen, stehen eher schlecht, weil nicht alle Mitgliedsstaaten zustimmen werden. Ein Akt der verstärkten Zusammenarbeit könnte jedoch erlassen werden.

Hier meldete sich Ulrike Janzen zu Wort. Sie leitet im Bundesjustizministerium das Referat für internationales Privatrecht und fragte, ob neben der gleichgeschlechtlichen Elternschaft noch Themen wie Leihmutterschaft oder Mehr-Elternschaft in der Expertengruppe eine Rolle spielen. Auch Prof. Dr. Frank Klinkhammer, Richter des Familiensenats am Bundesgerichtshof, mischte sich in die Debatte ein, als es um die Anerkennung von Gerichtsentscheidungen und "öffentlichen Urkunden" ging, so die Gesetzespläne der EU-Expertengruppe. Wobei Klinkhammer bezweifelte, ob man Urkunden zum Beispiel im Geburtenregister gewissermaßen blind vertrauen sollte. Urkunden, die auch fehlerhaft sein könnten, wollte er jedenfalls nicht auf einer Stufe mit Gerichtsentscheidungen sehen.

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